Über die Jahre sind Narziss zu einer festen Institution in der hiesigen Metal- und Hardcoreszene gewachsen und nachdem das 2006er Album "Solang das Herz schlägt" alle Erwartungen übertroffen hatte erscheint nun der heißersehnte Nachfolger, schlicht und ergreifend "Echo" betitelt. Und bereits der optische Eindruck lässt an die letzte Veröffentlichung denken, wurde doch erneut Paul Barsch für das Artwork verpflichtet, der sich ein zweites Mal nahe am Comicstil orientiert hat. Besonders gelungen ist dabei das Cover, das aus zwei Schichten besteht und somit eine Art 3D-Effekt erzeugt. Im Vorfeld wurde außerdem auf der Myspace-Seite der Band neben dem Artwork der Song "Rätsel" veröffentlicht, der zwar einen groben Vorgeschmack auf das bietet, was den geneigten Hörer erwartet, für mich aber im nachhinein tatsächlich einen der schwächsten Songs des Albums darstellt. Aber immer der Reihe nach.
Ein paar kurzen Gitarrentöne und schon eröffnet ein gewaltiger Schrei den ersten Track "Tränen". Nix mit langem Intro oder Spannung aufbauen, direkt auf die Fresse. Nicht schlecht. Besonders stehen bei "Echo" aber die melodischen Passagen und cleanen Gesangsparts unter Beobachtung, spalteten doch diese, trotz vorwiegend guter Kritiken bei "Solang das Herz schlägt", die Zuhörer in der Vergangenheit in zwei Lager. Und natürlich, wie schon zu erwarten war, fällt das neuste Werk der fünf Herren aus Jena nochmals ein ganzes Stück melodischer aus. Nur die Art und Weise, wie dies umgesetzt wird, ist wirklich bemerkenswert. Zunächst wäre da eben der cleane Gesang, der Prinzipiell ja ein gutes Stilmittel ist, in der Vergangenheit jedoch durch unzählige Bands nach Schema F (Strophe hart, Refrain weich) dermaßen überstrapaziert wurde, dass man schnell für seine Verwendung auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird. Narziss jedoch haben ihre Hausaufgaben gemacht. So sind die Gesangsparts nicht nur perfekt auf den jeweiligen Inhalt zugeschnitten, sondern bilden im richtigen Moment auch den perfekten Kontrast zu den harten Stellen. Und von denen gibt es auf "Echo" mehr als genug. Besonders in Songs wie "Ita est" knüppelt es nach vorne bis es kein halten mehr gibt. Die Doublebass trümmert wie verrückt und erschafft bei "Beschlagene Gedanken" zusammen mit der sehr markanten Hauptmelodie einen kleinen Hit. Ein weiterer, wichtiger Pfeiler des Albums kommt schließlich mit Filmkomponist Patrick M. Schmitz zum tragen, mit dem gemeinsam einige Stücke geschrieben und arrangiert wurden. Diese kreieren eine derartig dichte Stimmung, dass man tatsächlich mitunter unweigerlich an einen Filmsoundtrack erinnert wird. Besonders bei "Maskerade", dem besten Stück des Albums, kommt dies voll zur Geltung. Viel Gesang, etwas Geschrei und einige Streicher schaffen hier nicht einfach nur einen Song, sondern vielmehr ein derart vielschichtiges, musikalisches Werk, dass die begrenzten Sphären von Metal und Hardcore längst ausgehebelt erscheinen. Unterm Strich kann man sagen, dass sich an "Echo" definitiv die Geister scheiden werden. Besonders der omnipräsente und viel zitierte Gesang erschafft mit den wieder sehr poetisch ausgefallenen Texten ein Album, dass man mehrmals am Stück durchhören muss um die gesamte Tragweite auch nur erahnen zu können. Wer aber gern etwas über den Tellerrand schaut wird hier vollauf zufrieden sein, für mich ist es jedenfalls das beste Narziss-Album überhaupt - mit Abstand.
Tracklist:
1. · Tränen
2. · Hoffnungslos
3. · Der achte Tag der Woche
4. · Ita Est
5. · Mein neues Leben
6. · Beschlagene Gedanken
7. · Maskerade
8. · Rätsel
9. · Gewalt der Worte
10. · Mein brennend Herz
11. · Asche
12. · Perfektion