Warum es bisher noch kein Review zum neuen NEUROSIS Album gab? Ganz einfach deshalb, weil das nunmehr elfte Album – zählt man die Kooperation mit SWANS Sirene JARBOE dazu – wieder ein echter Brocken geworden ist. Es brauchte für mich viele Durchläufe um das Gehörte zu begreifen und in das Schaffen der Sludge-Pioniere einzuordnen.
Hat man das Album dann aber vermeintlich durchstiegen, ist es überraschend, dass sich die anfangs scheinbar reine Stagnation gar nicht als solche herausstellt, sondern die Musiker aus Oakland an so manch einer Stelle geschraubt haben.
Zum einen ist der wesentlich klarere Sound zu benennen. Wo der Vorgänger „Given To The Rising“ an vielen Stellen noch harsch und staubig klingt, ist „Honor Found In Decay“ schon fast klinisch sauber. Das führt nicht dazu, dass NEUROSIS weniger wuchtig und brachial klingen, jedoch ruhige Passagen, wie Teile des Openers „We All Rage In Blood“, wesentlich intensiver und eindringlicher wirken, als noch manch ein Song des letzten Albums.
Ein anderer Punkt, der „Honor Found In Decay“ von den restlichen NEUROSIS Alben absetzt ist die bedrohliche Atmosphäre, welche das gesamte Album umgibt. Zwar verstanden sich Scott Kelly und seine Mitmusiker schon immer gut darin Stimmungen zu erzeugen. Neben dem ausgezeichneten 2004er Release „The Eye Of Every Storm“ ist wohl kein Album über die gesamte Spielzeit so schlüssig wie „Honor Found In Decay“.
Die einzelnen Lieder sind zwar inhaltlich geschlossen, ergeben aber erst in ihrer Gesamtheit ein gigantisches apokalyptisches Bild.
Besonders gelungen sind „My Heart For Deliverance“, auf dem NEUROSIS auf eine Reise durch ihr gesamtes Klangspektrum einladen und mit einem ruhigen, spacigen Mittelteil überraschen, sowie „Bleeding The Pigs“ mit seinem klagenden Riff und „All Is Found...In Time“, welches Augenmerk auf die perkussiven Elemente legt.
Wer natürlich auf Suche nach wirklicher Soundinnovation ist, wird bei NEUROSIS nicht mehr fündig werden. Seit gut zehn Jahren bewegt sich die Band im mehr oder minder gleichen musikalischen Umfeld und leuchtet dabei mit jedem Album nur eine andere Nuance davon aus. Durch einfache Repetition eines Hauptthemas schaffen sie es weiterhin den Hörer in den Bann zu ziehen. „Honor Found In Decay“ ist ein logische Fortsetzung der beiden letzten Werken und vermischt die besten Aspekte derer zu einem neuen Meisterwerk. Auch wenn es wie bei jedem der bisherigen Werke seine Zeit dauert, bis man sich Zugang zu den neuen Kompositionen verschafft hat, wird man im Endeffekt wieder für Mühe und Ausdauer belohnt.
Tracklist:
1. We All Rage in Gold
2. At the Well
3. My Heart for Deliverance
4. Bleeding the Pigs
5. Casting of the Ages
6. All is Found... In Time
7. Raise the Dawn