Ob und falls welche Drogen im Spiel waren, als Carlo Collodi vor über einem Jahrhundert entschied, dass Lügen die Nase anschwellen lässt, tut für die Entwicklung seiner Erzählungen heute nichts mehr zur Sache. Ob aus Oberösterreich seit geraumer Zeit gern intensiver gen kalifornische Pazifikbrandung oder befreiende Skateparkbeschallung geschielt wird dann schon eher. Der alte Hut mit dem „Fame“ kann sich brav hinten anstellen, ganz nach Collodis Vorbild.
Was daheim in Steyr gebraut wird, siecht nicht erst seit gestern über der Flamme. Schon seit einem Jahrzehnt lassen Doug, Tom, Jan und Gitarrist Eric kugelgelagerte- und Sonnenmilchfan-Herzen höher schlagen. Sie bedienen sich den shreddenden Gitarren von alten STRUNG OUT, den geleckten Chören von BAD RELIGION und der Riff- und Schlagzeughackarbeit im Stile von NOFX. Namedropping: Eins minus. In „Mesh Of Lies“ reichen NEVER BEEN FAMOUS dazu die unbedingte Chorusline, betten „Exit Main“ auf der im Midtempo mitnickenden Chance für den Neuanfang – und machen mit ihrem Full-Length-Debüt in einer knappen halben Stunde dabei alles andere als schlechte oder unwahre Figuren. „Mr CEO“ atmet so schnell wie halb Örebro Ende der Neunziger, „Club Of Desperation“ hingegen so hin- und hergerissen zwischen Refrainfläche und Offbeatintro, dass Fat Mike fast schon hämisch lächeln dürfte.
Dass sich das österreichische Quartett weder für Klamauk („The Canadian Have Huge Squirrels Though“) noch für allzu eingefleischte Lyrik („Telling The Truth“) zu schade ist, sei den sonnenseeligen Punkrockanhängern verziehen. „Mesh Of Lies“ tut gut und erfrischt – frei von modischen Zwängen und mit berechtigtem Blick in die allgegenwärtige Melodycore-Ära von vor - sagen wir mal – knapp einem gefühlten Jahrhundert. Melodycore und tot? Glatte Lüge.
Trackliste:
01. The Canadians Have Hugh Squirrels Though
02. Mr. CEO
03. Mesh Of Lies
04. Obsolete
05. Try To Be
06. No Antidote
07. Exit Main
08. Telling The Truth
09. Blue Eyed Sandbag
10. Club Of Desperation
11. Separation Of Powers
12. One By One