Wo will man NORMA JEAN eigentlich noch einordnen? Nach dem Abgang von Josh Scogin vor 8 Jahren und einem atmosphärischen Ausnahmealbum wie „Bless The Martyr And Kiss The Child“, bei welchen man schnell geneigt ist zu denken: „So ein Album schreibt eine Band nur einmal in ihrer Karriere“, waren doch die beste Voraussetzungen dafür erfüllt, dass diese Band mit den Bach unter geht. Der Gedanke war dabei schon richtig, denn ein zweites „Bless The Martytr And Kiss The Child“ kam auch nicht. Dafür ein Traumalbum nach dem anderem und eine stilistische Entwicklung, die jegliche Kategorisierungsversuche lästig macht.
Und „Meridional“ soll da nicht das Ende einleiten – ganz im Gegenteil. Cory Putman ist als Sänger längst etabliert. Seine Stimme ist zwar ganz anders als die Scogins, Putman neigt viel mehr (oder überhaupt) zum klaren Gesang, klingt aber immer noch genauso roh wie der Sound, den NORMA JEAN ab dem zweiten Album entwickelt haben. Und dieser besticht vor allem durch mal klassisch dissonante, mal wieder sehr freie – aber immer aufregende – Gitarrenarbeit sowie Eingängigkeit, die in immer noch überraschend rohe Songs eingebettet wird. Die kommt mal durch klassische Refrains. Manchmal aber auch einfach durch Gitarrenarbeit, die sowohl eigen als auch ohrwurmtauglich ist.
Und eben diese Tatsache, dass NORMA JEAN sich trotz stilistischen Umbruchs, Sängerwechsel und dem Mut zu Experimenten immer noch irgendwo treu geblieben sind macht diese Band sicherlich auch in der „Putman-Ära“, wie ich sie jetzt einfach mal nenne, interessant. NORMA JEAN wollen nicht auf Teufel komm raus einen Hit schreiben (obwohl sie es dann doch irgendwie immer pro Album oft genug tun), sie spielen auf der einen Seite jederzeit mit den Möglichkeiten und trauen sich auch unkonventionelles, während auf der anderen Seite – wie ganz früher – auch Dissonanzen und Rückkopplungen wie eine alles andere als glattgebügelte Produktion nach wie vor zum Sound dazu gehören.
Aber wie klingt denn nun „Meridional“ selbst? Auch wenn sich das jetzt weit unspektakulärer liest als es das ist: Eigentlich kaum anders als die letzten 2-3 Alben. Oder: Der Entwicklung folgend. Demnach nicht mehr ganz so chaotisch wie auf „O God The Aftermath“ oder „Redeemer“, dafür etwas eingängiger und in seiner Atmosphäre wieder ausgedehnter. Wobei: Ganz so einfach ist das dann doch nicht, denn in vielen Momenten, oder allein im Aufbau des Albums wäre es auch gar nicht so verkehrt, „Meridional“ als Rückbesinnung an „Redeemer“ zu bezeichnen. Ist aber auch egal wie und wo man’s nun einordnet. Fest steht nur dass es immer noch der Sound der letzten paar Alben ist, aber auch dass es immer noch die Qualität der letzten paar Alben ist.
Das Ganze liest sich deswegen unspektakulärer als das Album es ist, weil „Meridional“ immer noch irgendwo auf seine ganz eigene Art aufregend klingt, ja auch seine eigenen Nuancen und Besonderheiten mitbringt. Vielleicht sind’s die Interludes, vielleicht ist’s das (unterbewusst beeinflussende) Artwork, vielleicht sind’s so große Nummern wie „The People That Surround You On A Regular Basis“ oder „Deathbed Atheist“. Und vielleicht sind das alles auch nur Dinge, die jahrelange Fans der Bands erkennen, vielleicht werden andere sagen dass NORMA JEAN seit Alben in ihrem (auch wenn sie das auch zugebenen müssen: mehr als eigenen) neuen Stil stagnieren. Wäre vielleicht alles irgendwo erlaubt oder angebracht anzuführen. Wie man’s aber nun dreht und wendet ist auch „Meridional“ – für alle, die auf diesen Sound stehen – wieder ein absolut herausragendes Album geworden, welches Fans mehr als glücklich machen wird. Und darüber hinwegsehen lässt, was da früher mal mit Scogin und Nummern wie „Pretty Soon, I Don’t Know What, But Something Is Going To Happen“ war. Wobei...