"Verliebtheit ist ein intensives Gefühl der Zuneigung. Sie wird nach Ansicht von Psychologen von einer Einengung des Bewusstseins begleitet, die zur Fehleinschätzung des Objektes der Zuneigung führen kann. Fehler des anderen können übersehen oder als besonders positive Attribute erlebt werden."
Danke Wiki. Wenigstens hilfst du mir das Gefühl zu beschreiben, welches ich beim ersten mal Hören von "Stargazing For Beginners" hatte. Nähergehende Infos bzgl. PALE | SEAS bist du mir noch schuldig. Keine Infos über sein Gegenüber zu haben empfinde ich entweder beklemmend oder spannend. Ok, die Spannung überwiegt, daher erstmal ein paar Infos über die Band:
PALE | SEAS kommen aus Großbritanien, hatten vor 2-3 Jahren einen enormen Hype in ihrem Heimatland, ihr Song "Bodies" erschien bereits im September 2012, wurde in den damals einschlägigen Medienportalen über eine Millionen mal gestreamt, es folgten Konzerte mit BEACH FOSSILS, THE LEMONHEADS, eine gemeinsame Tour mit THE WAR ON DRUGS und Airplay auf BB6 und Radio 1. Bestes Fundament für eine erfolgreiche Indie-Karriere.
Jetzt haben wir Ende 2017. Der Hype ist weg, die Songs von 2012 sind, bis auf ein paar halbgare Coverversionen, verschwunden und selbst das sonst so allmächtige Internetgedächtnis zeigt sich in von seiner dementen Seite. Nachdem vor zwei Jahren letztendlich das Debutalbum erscheinen sollte, tauchte die Band ab und fortan herrschte Funkstille. Nichts.
In knapp zwei Jahren Isolation nahmen PALE | SEAS ihr Debutalbum noch einmal auf. Nachts. Auf einer Insel. Inwiefern dieser Mythos der Wahrheit entspricht, lässt sich nicht belegen. Dass die Albenversionen hauptsächlich im First-Take-Verfahren entstanden, lässt natürlich die Frage aufkommen, wieso es nach 18 Monaten letztendlich nur 10 Songs aufs Debut geschafft haben. Was haben die denn in der restlichen Zeit gemacht? Aber "gut Ding will Weile haben" und so. Dass die Isle of Weight direkt neben der Bandheimat Southhampton liegt, erklärt natürlich einiges.
"In my body was a hostage trough // An endless shadow whose soul was bruised // Sometimes I wonder why he lead me so blindly // And I'm trying to see the light that's fading inside you":
10 Songs. Und bereits der Eröffnungstrack "Into The Night" löst in mir die gleichen Gefühle aus, die ich einst beim ersten mal Hören von "Mellon Collie And The Infinite Sadness" hatte. Schwermut, Träumen, Wegdriften und dabei die Welt und seine inneren Dämonen kurz mal vergessen. Emogelaber jaok. Die Stimmung, welche mit dem ersten Song eingeschlagen wurde, durchzieht das komplette Album. "My Own Mind" erschien bereits als B-Seite der früheren Single "Bodies" und erinnert, vor allem dank Sänger und Songwriter Jacob Scott, an Glanztaten von THE SHINS und steht diesen in nichts nach.
"I've already lost // Everything I could lose // And I can't make it stop // If I'm nothing to you // I see your ghost in the middle of the night // I talk to shadows that you left behind":
"Someday" ist eines der Highlights und besten Popsongs des Jahres: Die narrative Umsetzung quälenden Liebeskummers ist trotz bzw. dank der Wahl einfacher Worte überaus authentisch. Unterschwellige Moll-Melodien verstärken die Intensität des Songs, der Refrain prägt sich bereits beim ersten Hördurchlauf ein und nutzt sich auch nach dem 10. Mal nicht ab.
Mit den stillen "Blood Return" und dem Titeltrack "Stargazing For Beginners" wird das Album jeweils unterbrochen und gibt der Band und den Zuhörenden Platz und Zeit durchzuatmen, ohne dabei zu langweilen. Die Folknummern beinhalten all das, was FLEET FOXES zuletzt vermissen ließen: Ruhe, wunderschön melancholische Melodiebögen, dezent untermalende Chöre. Die minimalistisch anmutende Instrumentalisierung und die traurig wirkende Gesangsuntermalung erzeugt einerseits eine bedrohliche Anspannung, sorgt andererseits für tiefgehende Entspannung. Der stilistisch ähnliche Abschlusstrack "Evil Is Always One Step Behind" triggert gleichermaßen ein fernwehartiges Sehnsuchtsgefühl an und hinterlässt ein ähnlich ausgelaugtes Gefühl wie zuletzt BRAND NEW mit "Batter Up". Danke vielmals, wiedermal.
PALE | SEAS wollten ein intimes, emotionales Stück Musik veröffentlichen. Das ist ihnen gelungen. "Stargazing For Beginners" ist ein düsteres Indie-Pop-Meisterwerk. In ruhigen Momenten bisweilen verstörend, dennoch durchgängig schön und an keiner Stelle überladen und aufgesetzt. Besser kann ein Debut nicht sein. Einziges Manko: zwei der 10 Songs waren bereits bekannt. Aber fürs weitere Songwriting ist die Insel der Isolation ja auch nur einen Katzensprung entfernt.
P.S.: Dieser Strich ey. "|" - ich weiß bis heute nich den Shortcut auf der Tastatur. Wieso?