Plattenkritik

PARKWAY DRIVE - Ire

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 25.09.2015
Datum Review: 29.09.2015
Format: CD Vinyl Digital

Tracklist

 

01. Destroyer
02. Dying To Believe
03. Vice Grip
04. Crushed
05. Fractures
06. Writings On The Wall
07. Bottom Feeder
08. The Sound Of Violence
09. Vicious
10. Dedicated
11. A Deathless Song

Band Mitglieder

 

Winston McCall - vocals
Jeff Ling – lead guitar, backing vocals
Luke "Pig" Kilpatrick – rhythm guitar, backing vocals
Ben "Gaz" Gordon – drums
Jia "Pie" O'Connor – bass guitar, backing vocals

PARKWAY DRIVE - Ire

 

 

Da ist es also, das bereits im Vorfeld heiß diskutierte fünfte PARKWAY-DRIVE-Album. Nach dem
Release der beiden Vorabsingles explodierten die Foren und Kommentarspalten diverser Social-
Media-Plattformen ja förmlich, jeder hatte eine Meinung zum neuen Material der Sunnyboys aus
Down Under und diese Meinungen gingen teilweise extrem auseinander. Während die einen den
frischen Wind im Sound der Australier begrüßten, skandierten die anderen sogleich Schlachtrufe
wie "Ausverkauf", "Metalcoreverrat" und was man eben sonst noch so zu hören bekommt, wenn
eine beliebte Band signifikante Änderungen an ihrem angestammten Sound vornimmt. Natürlich
nutzten auch jene, die schon seit Jahren dem Sound von "Killing With A Smile" hinterhertrauern die
Gelegenheit, ihrem Unmut mal wieder lautstark Luft zu verschaffen. Dass PARKWAY DRIVE schon seit
"Horizons" nicht mehr so klingen wie noch auf dem Debüt und seitdem eine langsame aber stetige
Weiterentwicklung vollzogen haben, wird dabei gekonnt ignoriert.


Doch wie sehr unterscheidet sich "Ire" denn nun tatsächlich von seinen Vorgängern? Haben
PARKWAY DRIVE ihren alten Sound tatsächlich komplett über Bord geworfen? Ist es vorbei mit
staightem, von massiven Breakdowns durchsetztem Metalcore? Sind die Jungs gar weich geworden
und spielen wirklich Hardrock oder, Gott bewahre, New Metal? Kurzum, sind PARKWAY DRIVE
noch PARKWAY DRIVE?
Nun, ja und nein. Dem typischen Metalcoreschema sagen die Australier tatsächlich ade; die
Breakdownmassaker, die früher an jeder Ecke gelauert haben, sucht man auf "Ire" weitestgehend
vergeblich. Vielmehr hat man sich von Spielarten des Metal beeinflussen lassen, die weit bis in die
80er zurückreichen. Was jedoch den Härtegrad des neuen Materials angeht, da kann ich nur sagen:
Blödsinn! PARKWAY DRIVE waren nie die härteste Band unter der Sonne und haben ihrer
melodischen Seite seit jeher großen Spielraum eingeräumt. Was nicht heißt, dass es auf dem neuen
Output nicht gewaltig was auf die Rübe gibt, denn den Titel "Ire" ("Zorn") trägt das Album nicht
nur wegen der vermehrt gesellschaftskritischen Lyrics.


Den Beweis dafür treten die Herren dann auch gleich mit dem Eröffnungsdoppel "Destroyer" und
"Dying To Believe" an. Ersteres brilliert durch ein typisch melodisches PARKWAY-DRIVE-Riff,
einen satten Groove, der den Adrenalinpegel in die Höhe schießen lässt und einen Chorus, der
direkt zum mitshouten animiert. "Dying To Believe" beginnt mit einem mächtigen Thrashgewitter
und walzt danach stakkatoartig alles nieder, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Winston McCall
brüllt dabei freilich mit der Urgewalt eines Orkans die Koalas aus dem Busch, wie man es eben von
ihm gewohnt ist.


Es folgen die bereits bekannten Singleauskopplungen, zwei der meiner Meinung nach frischesten
Parkway-Songs überhaupt. Das rockige und unglaublich eingängige "Vice Grip" hat die Feuertaufe
ja bereits bei diversen Festivalgigs mit wehenden Fahnen bestanden und ist mit seinen "Yeah Yeah
Yeah"-Chören und seinem Mitgrölpart am Ende ein absoluter Livekracher. "Crushed" eröffnet mit
einem kleinen Augenzwinkern in Richtung HEAVEN SHALL BURN und sorgt danach mit
Mantragesängen und Winstons anklagendem, von einem dissonanten Riff unterlegtem
Sprechgesang für eine äußerst bedrohliche Atmosphäre, nur um dann im Chorus mit einem alles
niederstampfenden Groove förmlich zu explodieren. Großes Tennis.


Das im Midtempo gehaltene "Fractures" weiß daraufhin wieder mit großen Melodien, Chören im
Stil von "Wild Eyes" und sogar mit sparsam eingesetzten Akustikgitarren zu überzeugen. Es ist
beeindruckend, dass die Aussies bei ihren jüngsten Eskapaden fast nie vorhersehbar wirken und
immer wieder einen kleinen Kniff auf Lager haben, der das Ganze interessant hält.


"Writings On The Wall" erinnert durch Titel, Sprechgesang und Drumbeat schon etwas an "Write
About Us" von KING 810, allerdings ist die offensichtliche Hommage wesentlich liebevoller
arrangiert: Streicher tragen zur melancholischen Grundstimmung des Stückes bei und PARKWAY
DRIVE wären nicht sie selbst, wenn es gegen Ende nicht nochmal richtig zur Sache gehen würde.


"Bottom Feeder" und "The Sound Of Violence" machen schließlich da weiter, wo "Destroyer" und
"Dying To Believe" aufgehört haben. Es gibt saftig was auf die Mütze; fette Grooves, melodische
Gitarrenleads, Gangshouts und übersprudelndes Adrenalin wohin man hört. Ab in den Pit!

Mit "Vicious" folgt nochmal eine recht (hard)rockige Nummer, die im Schlussteil wieder ordentlich an
Fahrt aufnimmt und vom Aufbau her an "Vice Grip" erinnert. "Dedicated" gibt sich dann
letztendlich versöhnlich und beschwichtigt das jammernde Volk in Form einer astreinen Metalcore-
Abrissbirne vom alten Schlag, unsagbar fetter Breakdown inklusive. Abschließend trägt "A
Deathless Song" die Hörerschaft schon fast sanft mit gefühlvollen Akustikgitarren, rauem Gesang,
herzzerreißenden Melodiebögen und einem wunderschönen Chor aus einem absolut großartigen
Album.


Um auf die einleitende Frage zurückzukommen: Ja, PARKWAY DRIVE klingen definitiv noch
nach PARKWAY DRIVE! Doch sie haben mit einem Berfreiungsschlag das enge Korsett des
Metalcore abgestreift und stattdessen ein zeitgemäßes Metalalbum abgeliefert, welches sich trotz
aller Moderne nicht scheut, schmachtende Blicke in die Vergangenheit hart rockender Musik
schweifen zu lassen. So muss Weiterentwickling klingen!

 

Autor

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Hans

Autoren Bio

Meine großen Leidenschaften: Literatur und laute Musik. Plattenkritiken liegen nahe.