Endlich! Seit ihre letzten Veröffentlichung (EP „Pacific Myth“) sind 4 Jahre vergangen; 4 verdammt lange Jahre, denn ob es nach dem Stimmverlust von Rody Walker während der 2017-Tour überhaupt mit PROTEST THE HERO weitergehen konnte, stand in den Sternen. Aber nach dem Re-Training seines Goldkehlchens setzten sich die 4 Kanadier sofort zusammen, um mit „Palimpsest“ (googelt bitte selber…) ein neues Meisterwerk einzuspielen.
PROTEST THE HERO schaffen es wie keine zweite Band, ihre technischen Fähigkeiten bis zur Ekstase zu zelebrieren, sich dabei aber niemals zu verzetteln, um letztlich songdienlich zu agieren. Natürlich ist das vor allem der einzigartigen Melodik, dem Groove der Gitarren und dem unter die Haut gehenden Organ ihres Sängers geschuldet. Gerade die Chorusse sind ein Ruhepol, da sie nach der Vertracktheit der Gitarrenläufe immer wieder für Bodenständigkeit gepaart mit Hühnchenpelle sorgen. Darüber hinaus schaffen es die Kanadier, ihre Klangbilder immer wieder mit orchestralen Facetten und Keyteppichen aufzuwerten, um dabei aber niemals in die Kitsch-Schublade zu fallen. Von Prog über Math bis Core, hier wird alles in den Mixer geworfen, darauf Rodys begnadete Stimme gesetzt und mit diversen Lieblichkeiten verfeinert. Das Gespür für gut Hooks und bissigen Momenten darf nicht fehlen, fertig ist das Gebräu, das nur von PROTEST THE HERO verkauft werden kann. Auch das Coverartwork und die Texte ergeben eine Aufwertung, denn das Quartett aus Ontario beschäftigen sich mit dem amerikanischen Geschichtsbuch.
Der einzige Wehmutstropfen ist die klinisch matschige Produktion, die gerade die Drums in matschig klinische Watte packt. Darüber hinaus sind die Tracks bis zum überragenden „All Hands“ schlicht und einfach Übersongs, danach flacht die Intensitätskurve leicht ab. Aber das soll die Gesamtleistung dieses Albums nicht nachhaltig schmälern, denn PROTEST THE HERO setzen mit „Palimpsest“ erneut ein Ausrufezeichen in einer sich zusehends totlaufenden Szene (gerade einige Metalcorebands können sich eine Scheibe abschneiden, wie spielerisch gut und spannend eine Aneinanderreihung von harten und zarten Passagen zelebriert werden kann!) und zementieren ihren Ruf, wie QUEEN auf Drogen und mit 45 Umdrehungen zu klingen.