Plattenkritik

Paint It Black - Amnesia 7''

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Info

Release Date: 01.06.2009
Datum Review: 06.07.2009

Paint It Black - Amnesia 7''

 

 


The twentieth nervous breakdown: Das gute schlechte Gewissen des originären Hardcore-Punks ist zurück. Man macht jetzt nur noch in 7’’. Es gebe schließlich KEINE Hardcore-Band, die mehr als drei qualitativ hochwertige Alben in ihrer Karriere veröffentlicht habe. Nun denn, der wohl portionierte Hass erfüllt seine Funktion auch so.

Irgendwas ist eingeschlagen. Ein Projektil vielleicht? Gewebegemisch und Blut spritzen majestätisch in die Luft. Ein Hämatom bildet sich am Rand der offenen Wunde, feinstaubige Blutsprenkler benetzen Teile der Haut. Klingt für eine Band wie PAINT IT BLACK ein wenig zu martialisch? Irgendwie schon…

Lassen wir das ominöse, in seiner Schlichtheit nichtsdestotrotz sehr ästhetische Cover einmal beiseite. Was tun nach einem trockenen, wutschnaubenden Überalbum wie "New Lexicon" es war (und noch ist). Erstmal in sich gehen, Hass tanken, das Albumformat kategorisch verwerfen, sich mit Kurt Ballou im Studio verbarikadieren und es rauslassen. Alles. Hier und jetzt. Wo andere Bands meinen, verkrampft vollgestopfte Hymnen schreiben zu müssen, reicht bei PAINT IT BLACK meist eine Idee. Dan Yemin (Voice), Josh Agran (Guitars), Andy Nelson (The Bass Guitar) und Jared Shavelson (The Drums, und wie…) destilieren aus dem Geist der alten Tante Hardcore-Punk immer noch so viel Nihilismus, so viel gerechtfertigte schlechte Laune, dass man Büsser und Blush diese kleine Scheibe mit dem Grinsen des Vollüberzeugten um die Ohren hauen müsste. Zu viel Machismo sagt ihr?! Ok, wir machen weiter. Die Hymne kommt übrigens doch noch, dazu später mehr. Zunächst: 'Salem'. Der Ort des Geschehens, zugleich Opener. Räudiger Bass, Feedback, Yemin am Rande des Nervenzusammenbruchs. Mehr denn je. „They’re running their mouths about original sin again. Somehow we’re similar simians, on a steady diet of carcinogens.“ Die hohe Schule der HipHop-Lyrik überführt in einen Hardcore-Kontext. Das konnte Yemin auf dem Vorgänger bereits besser als die anderen. Booze, spanking und um Blowjobs betteln, macht halt noch lange keine guten Reime, nicht wahr DEEZ NUTS?! Kurzer Ausbruch, schleppend geht es weiter. Rundumschlag gegen die gesamte Umwelt. „MY intelligent design: no submission…“ 'Homesick' dann im klassischen PAINT IT BLACK Geschwindigkeitsrausch, Break nach fünfzig Sekunden und Schluss. Wer bei 'Nicotine' an unselige EARTH CRISIS-Rhetorik à la 'Asphyxiate' denkt, könnte natürlich falscher nicht liegen. Nikotin als Metapher – und ein kurzer pechschwarzer Hardcore-Klopfer. „It’s invisible and kills us slowly, day after day…“ Am Ende, gut verborgen, das große Versprechen und der ultimative Beweis: PAINT IT BLACK können eingängig sein, auch andere Einflüsse verbraten und einen Song (zumindest von der Länge her) dem Radioformat anpassen. 'Bliss' heißt die Großtat und macht tatsächlich wahr, was der gute Doktor im Vorfeld versprochen hat. Eine Kopulation von NIRVANA, JAWBREAKER und FUGAZI. Die flirrenden, gedämpften Gitarren von Blake Schwarzenbach und Co., der euphorische Punkflavor alter NIRVANA und das beständige Gegen-den-Takt-Sein der Merchandise-Verweigerer um Ian MacKaye – alles in einem Song. „These are the sounds that keep our mothers up late.“ Man denke sich ein „Freundinnen“, „Lebensgefährten“ sowie „Haustiere“ und ein hoffentlich in Klammern dazu und renne in den Plattenladen seines Vertrauens. Die nächste 7’’ kommt bestimmt. Irgendwas ist eingeschlagen…

Tracklist:

01: Salem
02: Homesick
03: Nicotine
04: Amnesia
05: Bliss

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René

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