Plattenkritik

Papes Brüder - BRD-Pop

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 17.09.2010
Datum Review: 12.09.2010

Papes Brüder - BRD-Pop

 

 

Ich kenne zwar jemanden aus meinem Freundeskreis der mit Nachnamen Pape heißt, aber das der ein Album aufnehmen würde, das er dann „BRD-POP“ nennt? Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. War dann auch nicht so, denn anstelle von M. Pape dem Drummer, sprechen wir hier von Carsten Pape, der für so manch einen Song von P. Maffay, Nena, J. Wagner (auch unter dem Namen „Blümchen“ bekannt gewesen) und L.K.Karl verantwortlich zeichnet.
Die Künstler kennt man, aber kenne ich ihn? Ja: Denn dank der PR weiß ich nun: Das ist der Typ mit Hut, der bei jedem Heimspiel des HSV mit Lotto zusammen „Hamburg meine Perle“ performed. Nun ist der Groschen gefallen.
Pape hat sich mit den zwei Brüdern Dobbratz zusammen getan und ein Album komponiert, das ich schon melancholischen Poesie-Pop-Rock nennen möchte, die Band allerdings als BRD-POP bezeichnet; die AntiFa sei an dieser Stelle beruhigt, Herr Pape und Co. versichern, dass es sich hierbei nicht um falschen Nationalstolz handele, sondern lediglich um eine passende musikalische Bezeichnung ihrer Kunst, die (angeblich) unvergleichbar mit anderen deutschen Interpreten sei. Dem mag ich nur bedingt zustimmen. Papes Gesang erinnerte mich noch vor dem Lesen der PR (sodass ich mein „Aha“ Erlebnis hatte) bereits an Maffay, Grönemeyer und ein bisschen an M.J. Keenan. Die Musik ist ein gut ausbalancierter, wenn auch relativ druckloser Rocksound, der durchaus radiotauglich produziert wurde, ohne jedoch diesen ganzen Delay-Melodyne-Kompressor-Nachbearbeitungs-Kitsch. Ich denke authentisch ist hier das angebrachte Adjektiv, um den Sound des deutschen Trios zu umschreiben. In eine ausgewogene Songstruktur mischt sich hier der, s.o., polarisierende Gesang C. Papes, sowie die Texte. Letztere sind je nach Song mal ergreifend bis unverständlich. „Vorhang auf die Retter des Sonnenuntergangs“ - so heißt der dritte Song der Platte und war der erste, der mich etwas irritiert meine Stereoanlage anschauen ließ: „Es gab Menschen die dachten die Welt wäre stehen geblieben. Andere wiederum meinten, ihr Herz würde schneller schlagen. Wieder andere behaupteten, dass doch gar nichts passiert wäre (…). Jedoch einige Menschen nahmen all ihren Mut zusammen, und begaben sich auf den höchsten Berg der Erde und retteten den Sonnenuntergang. So wurden sie zu Helden.“ Verstanden? Nein, ich auch nicht. Es liest sich toll und es vermittelt einem das Gefühl irgendwo in mitten einer Geschichte M. Tolkiens oder J.R.R. Tolkiens Fantasyuniversum zu sein, aber verstanden habe ich es nicht. Muss man das, damit man PAPES BRÜDER genießen kann? Das muss jeder selbst heraus finden. Auf „BRD-POP“ befinden sich zudem noch Stücke, wie das ergreifende „Ich Liebe Dich“ oder das amüsante, wenn auch zynisch wirkende „Pornos“ oder der fulminante „Masterplan“.
Insgesamt eine Platte, die ich mir nicht kaufen würde, weil es nicht meinen Geschmack trifft. Wer allerdings auf die musikalische Poesie TOCOTRONICS, BLUMFELD oder DIE STERNE steht, der sollte sich nach dieser Platte umschauen.
Die Platte ist ansprechend gestaltet: Das Cover ein Globus, das Interieur besteht aus Texten, Bildern und dem schönen Zitat: „Wenn Brüder zusammenarbeiten, verwandeln sich Berge in Gold.“
Negativ fällt nur auf, dass in der PR folgendes steht: „(...)Es tut wirklich gut, endlich mal wieder Musik zu hören, die nicht von aufgesetzten, wichtigtuerischen Texten durchzogen ist, in denen dir ein 20-Jähriger erzählt, wie hart das Leben ist oder ein Berufsbetroffener vom Untergang der Welt erzählt.“ Ich halte diesen Satz für grenzwertig polemisch. Ich kenne mehr als nur eine Person in der Blüte ihrer 20iger, die eben genau vom Untergang ihrer Welt singen kann, ohne sich der Beleidigung des „Berufsbetroffenen“ aussetzen zu müssen. Etwas mehr Objektivität und Feingefühl wäre an dieser Stelle angebracht, besonders im Hinblick auf die Aussage: „(...) ihre Musik gar keine Zielgruppe? Doch! Menschen!“; dieses Fragment steht im Kontext des oberen Zitats. Ich glaube nicht, dass man hier unterstellen wollte, dass Freunde anderer Komponisten, die sich einer einfacheren, leichter zugänglichen lyrischen Art der Auseinandersetzung mit einem Thema bedienen, keine Menschen seien. Aber ich mag derartige Übertreibungen nicht. Ein gutes Album braucht keine PR die andere Menschen beleidigt und ein schlechtes Album wird dadurch nicht besser. Ob PAPES BRÜDER zu ersten oder zweiten Kategorie gehört, bleibt jedem selbst überlassen. Ich schließe mit dem Titel des siebten Lieds auf „BRD-POP“: (Ich) „Lass es gut sein“.

Tracklist
1.Hier Kommt Es
2.Heut Ist Mein Tag
3.Vorhang Auf Für Die Retter Des Sonnenuntergangs
4.Horizont
5.Sieben Uhr Früh
6.Ich Liebe Dich 2010
7.Lass Es Gut Sein
8.Pornos
9.Dass Du Mich Einfach Nicht Mehr Liebst
10.Der Masterplan

Autor

Bild Autor

Linc

Autoren Bio

Singer-Songwriter (LINC VAN JOHNSON & The Dusters) Singer (SUPERCHARGER) [DK] Vocal Coach seit 2011. Berufssänger/-musiker seit 2008. Studium Musik/Anglistik Bei ALLSCHOOLS seit 2006.