Plattenkritik

Parkway Drive - Deep Blue

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Release Date: 25.06.2010
Datum Review: 29.06.2010

Parkway Drive - Deep Blue

 

 

Metalcore ist das Reihenhaus mit Klinker der harten Musik. Sehen doch alle gleich aus, hören sich alle gleich an, kommen doch ohnehin keine modernen Klassiker mehr zustande, so der Tenor. Übersehen wird in diesem Zusammenhang häufig, dass ja kein Klassikerzwang besteht. Wer nämlich Metalcore so herrlich atmosphärisch, eingängig und bisweilen gewollt stumpf ausbuchstabiert, der hat zumindest nicht viel falsch gemacht.

Die Größe eines Albums und vor allem seine Halbwertszeit lassen sich nicht unbedingt an der Anzahl im Vorfeld der Veröffentlichung geposteter Kommentare festmachen. Auch "Deep Blue", PARKWAY DRIVEs Dritte, hat in den letzten Wochen für erhebliches Tastaturenglühen gesorgt. Und, wie ist die jetzt so? Der Reihe nach…Gerade im Metalcore ist man ja häufig versucht, den nächsten modernen Klassiker auszurufen, um zeitgenössischen Bands zumindest einen Teil der Relevanz einzuräumen, der sonst den Klassikern vorbehalten bleibt. Erinnert sich noch jemand an die unsägliche, recht aggressiv gefahrene Werbekampagne von Victory Records, welche DARKEST HOURs "Undoing Ruin" aus dem Gros der damaligen Schwedentod-Nachzügler hervorheben sollte? Besagtes Album wurde in eine logische Klassikerreihe gestellt mit den Werken SLAYERs, METALLICAs und (natürlich) AT THE GATES. Warum, weiß (trotz der enorm hohen Qualität des Albums) kein Mensch. Eines also gleich mal vorweg: "Deep Blue" wird bestimmt nicht zum modernen Klassiker mutieren. Ein kurzweiliges, böse brummendes, mit den richtigen Ideen hantierendes Werk ist es trotzdem geworden. Metal für Menschen, die eigentlich keinen Metal hören, gemacht von Menschen, die scheinbar selber wenig Metal hören.

Und das geht so: Verhaltenes Plätschern (der Ozean ist hier schließlich tragende Metapher), verwaschene Schreie, klassisches, pathosbehangenes Metalgezupfe, Grabesstimme und – wow – ein Moshpart umrankt von dicken Chören. 'Samsara' ist der paradigmatische Einstieg in das Album, weil PARKWAY DRIVE hier gleich zu Beginn demonstrieren, wie man genannte (und eigentlich ausgelutschte) Stilmittel doch noch mitreißend kombinieren kann. Darauf folgen sowohl Tempo- ('Unrest') als auch Groovekeule ('Sleepwalker'), womit PARKWAY DRIVE die Neuerungen direkt mal formidabel umrissen hätten: ein Mehr an Atmosphäre, mutigeres Songwriting, das Ausleuchten des dunklen Endes durch eine bassig-füllige Produktion, die ebenfalls reichlich Diskussionsstoff lieferte. Zwei Positionen: 1. Joe Barresi holt aus den Australiern mehr Wärme und also Feuer raus 2. Der Typ passt einfach nicht zum Sound, dann lieber nochmal aspetisches Gebolze von Adam D. Songs wie 'Wreckage', 'Deadweight' und vor allem 'Deliver Me' in seiner schön stumpf marschierenden Vortragsweise untermauern eher Position 1. Überhaupt gibt es hier natürlich eine Menge tief gurgelnder Moshparts, Tempo und am klassischen Death geschulte Momente, die PARKWAY DRIVE in ein zeitgenössisches Korsett fassen. Und wo sind die Experimente? Mit diesen begeben sich PARKWAY DRIVE dann tatsächlich auf dünnes Eis: 'Home Is For The Heartless' bewegt sich textlich zum einen gefährlich nah auf den hätte-ich-mir-diese-Klischee-Scheiße-doch-damals-bloß-nicht-so-großflächig-auf-den-Bauch-tackern-lassen-Abgrund zu, zum anderen fällt die Band umschwämmt von Brett Gurewitz-Chören ins Metalcore-Stadion ein, falls es sowas denn gibt. Trotzdem, und das lässt sich auf einige virile Moshpart-Momente dieses gelungenen Albums übertragen, funktioniert das irgendwie. PARKWAY DRIVE untermauern mit "Deep Blue" jedenfalls ihre Ausnahmenstellung in der Welt des quietschbunten Merchandises, auch wenn einige Sunlight Studios-Adepten das (was sollten sie auch sonst tun?!) höchstens müde belächeln werden.

Tracklist:

01: Samsara
02: Unrest
03: Sleepwalker
04: Wreckage
05: Deadweight
06: Alone
07: Pressures
08: Deliver Me
09: Karma
10: Home Is For The Heartless
11: Hollow
12: Leviathan I
13: Set To Destroy

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René

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There is plenty to criticize.