Liebe Kinder: Ska doof finden ist einfach. Das Köpfchen einsetzen und an Stift und Instrument überzeugen nicht zwingend. Mit „Failed States“ unterstreichen vier eingesessene Stehaufmännlein daher ihren Status als nimmersatte Rohrbombe unter den Hardcorepunkmetallern. Aber nein, liebe Kinder: Nicht die, vor denen Euch Mama und Papa immer gewarnt haben.
Niemand denkt mehr ans Aufräumen. Und mit Album Nummer sechs holt weder Chris Hannah noch einer der drei anderen Köpfe hinter PROPAGANDHI den Wischmopp aus dem Schrank. Auch wenn „Note To Self“ Zeit zum Überpolieren ließe: Gemächlich spannen die Kanadier den Bogen zunächst und stoßen erst dann in vertraute Gefilde vor. „Devil´s Creek“ oder „Cognitive Suicide“ haben nicht mehr soviel Mitleid und erinnern daran, dass es im Politpunk-Camp keine Sommerferien gibt. PROPAGANDHI sind noch immer wunderbar angepisst, roh und laut - und auf „Failed States“ progressiver und düsterer, als es ihnen manchmal steht. „Rattan Cane“ zum Beispiel ist einmal alles bitte: Melodisch, brutal, kompromisslos, verworren und zu Beginn zögernd. „Status Update“ stammt von anderen Eltern: Geriffe, Hannahs empörte Lyrics und kein Klamüsern: Ein fünfundsechzig Sekunden lang erfolgreiches Energieventil.
PROPAGNDHI wissen nicht erst seit gestern, was sie da tun – und wie sie es möglichst geschickt erst zusammenfrickeln und dann flächendeckend übermitteln. Aus „Things I Like“ spritzen Energie und Volumen, die sofort in Richtung Winnipeg zeigen. Auch „Dark Matters“ fällt positiv ins Gewicht – lebendige Akzentuierungen und Tempiwechsel treffen hier auf eine melancholische Zwischenebene, der David, Chris, Todd und Jord ihr ganz eigenes Level von Punkrock und Abrissbirne einhauchen.
Die Pause nach „Potemkin City Limits“ beförderte mit „Supporting Caste“ ein donnerndes Handzeichen in alle Wohnzimmer, die der Band nach den frühen „verspielten“ PROPAGANDHI noch einen Platz warm hielten. „Failed States“ ist genauso anspruchsvoll und braucht seine Anlaufphase - wie ein Neuwagen, der anfangs nach Plastik und Entfremdung riechen mag. Entlohnungen in Form von „Lotus Gait“ oder dem brennenden Titelsong sorgen jedoch schnell für wieder hochkochende Sympathie und Vertrautheit. Und für das familiäre Gefühl, welches 1994 mit Offbeatbeschimpfungen und freundlicheren Songgerüsten loderte.
Also keine Angst vor PROPAGANDHI, liebe Kinder: Die wollten damals schon und wollen heute es heute immer noch: bloß spielen.
Trackliste:
01. Note To Self
02. Failed States
03. Devil’s Creek
04. Rattan Cane
05. Hadron Collision
06. Status Update
07. Cognitive Suicide
08. Things I Like
09. Unscripted Moment
10. Dark Matters
11. Lotus Gait
12. Duplicate Keys Icaro (An Interim Report)