Zwischen den Stühlen oder auf allen gleichzeitig? RIVERS & TIDES bedienen sich auf ihrem Debüt zu gleichen Teilen am Neo-Grunge, Shoegaze, Emo und Alternative. Das Ergebnis ist ambivalent.
Mit der Basis aus Alternative zwischen Grunge und Emo haben auch BASEMENT schon erfolgreich gearbeitet. Dazu kommt die (beinahe vergessene) Art schwermütigen Post-Hardcores, den SMALL BROWN BIKE mal mit viel Hingabe zelebriert haben. Die verwaschenen Gitarren leihen sich RIVERS & TIDES wiederum von den shoegazigen TITLE FIGHT, wobei der Einstieg zu „Progress“ sogar THE CURE huldigt. Diese Mischung funktioniert in den einzelnen Songs oft gut und manchmal sogar hervorragend. Die große Stärke von RIVERS & TIDES ist zweifelsfrei das Gespür für mitreißende Refrains: Bis auf wenige Ausnahmen lebt so gut wie jeder Song von seinem kraftvollen Chorus, der sich von den eher zurückhaltenden, schuhestarrenden Strophen abhebt. Besonders gelungen sind dabei die Songs, bei denen dann auch noch eine zweite Stimme zur Verstärkung hinzukommt, wie in „Balance“ oder „Displace“. Auf der anderen Seite führt das nicht sonderlich innovative Wechselspiel zwischen laut und leise zu einer nicht zu leugnenden Formalhaftigkeit, was „Sincere Uncertainty“ als Ganzes zu gleichförmig erscheinen lässt. Eine gelungene Ausnahme hiervon bildet das instrumentale und nur mit Sprachsamples unterlegte „Gravity“, welches mit Groove und harten wie spacigen Gitarren den etwas zu gleichförmigen Fluss aufbricht und dabei sogar entfernt an LONG DISTANCE CALLING erinnert. Das folgende „Crush“ bietet dann zumindest von Beginn an ein etwas höheres Tempo, was RIVERS & TIDES ausgesprochen gut steht. Abseits davon herrscht dagegen eine Art mit Stolz getragene Lethargie vor, die besonders zum Ende hin in „Wash It Away“ und „Yours To Keep“ zu dominant wird und das Album dadurch etwas blutleer auslaufen lässt.
Auf der Habenseite stehen für RIVERS & TIDES dafür ein erstaunlich reif klingendes Debüt und ein Haufen sehr gelungener Songs, die für sich genommen überzeugen können, in Summe aber zu homogen klingen. Die Zutaten stimmen also, beim nächsten Mal braucht es nur etwas mehr Mut beim Spiel mit der Dosierung.