Plattenkritik

SIX DAYS OF CALM - The Ocean's Lullaby

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 06.11.2020
Datum Review: 06.11.2020
Format: Vinyl Digital

Tracklist

 

01. Breathe
02. Light
03. Loss
04. Reflections
05. Obscure
06. Gloom
07. The Final Notes

Band Mitglieder

 

Marc Fischer

SIX DAYS OF CALM - The Ocean's Lullaby

 

 

Tausche Gebolze gegen Schönklang: Das Ein-Mann-Projekt SIX DAYS OF CALM zelebriert cinematischen Post-Rock in Reinform und lässt damit die eigenen Metalcore-Wurzeln weit hinter sich.

Aus der Asche von WATCH THEM FADE formte Hauptsongwriter Marc Fischer SIX DAYS OF CALM und verabschiedete sich damit vom knalligen Metalcore seiner alten Band. Auf dem Debüt „The Ocean’s Lullaby“ gibt er sich stattdessen komplett seiner Leidenschaft für schwelgerischen Post-Rock in der Tradition von EXPLOSIONS IN THE SKY und ähnlichen Schönklangfanatikern hin. Dass Fischer sämtliche Musik komplett selbst komponiert und eingespielt hat, mutet im ersten Moment (zurecht) bemerkenswert an, ist aber letztlich nur logisch: Diese Art Musik folgt oft einer klaren Vision, die durch zu viel fremden Input Gefahr laufen kann, zu verwässern. So fand er sich mit Produzent Nikita Kamprad (Mastermind hinter den Avantgarde-Black-Metallern DER WEG EINER FREHEIT) zusammen, um die sieben Songs von „The Ocean’s Lullaby“ einzuspielen. „Breathe“ spult zu Beginn den üblichen Genrestandard ab und legt erstmal viel Wert auf Atmosphäre: Langsam, fast zu zögerlich baut sich die warme Stimmung mithilfe von Klaviertupfern auf, erst nach dreieinhalb Minuten flirrt eine Gitarre in den Raum und leitet über in den lauten Teil des Songs, der dank der einnehmend schönen Melodie wohlige Wärme ausstrahlt. Auch das anschließende Light verströmt puren Schönklang und hypnotisiert mit repetitivem Muster. Wirklich episch wird es aber erst mit „Loss“: Ganze zwölf Minuten nimmt sich das quasi-Herzstück der Platte Zeit, um erstmal mit außerirdisch anmutenden Geräuschschnipseln und elektronischen Beats eine fast schon bedrohliche Stimmung aufzubauen, bevor nach über fünf Minuten eine umwerfend schöne Klavierfigur übernimmt und sich die Intensität von hier an bis zum finalen Ausbruch immer weiter steigert. Nach diesem cineastischen Epos wirken die folgenden Songs leider etwas eintönig: „Reflections“ macht das zwar durch seine bezaubernde Gitarre wieder gut, trotzdem wünscht man sich hier gerade zum Ende hin etwas mehr Schmackes. „Obscure“ wiederum beginnt zwar sehr laut und lärmend, verliert sich nach dem Break aber in einem zu langen Aufbau, der das Verlangen nach einem großen, finalen Ausbruch leider ebenfalls verwehrt. Das sehr elektronische „Gloom“ schielt dank der Soundscapes und der bedrückten Stimmung zur Abwechslung sehr in Richtung Trip-Hop, bevor „The Final Notes“ zum Abschluss dann endlich mal die schweren Riffs auspackt und in seiner irgendwie melancholisch-fröhlichen Stimmung durchaus an ENVY erinnert. Leider wird aber auch hier das grundlegende Muster nicht aufgebrochen, wodurch der Song ziemlich überraschungsarm bleibt. „The Ocean’s Lullaby“ wird deswegen nicht zu einem schlechten Album, es lässt nur ein paar Chancen liegen, mit ein paar Überraschungseffekten oder einfach heftigeren Ausbrüchen für den Extrakick zu sorgen. So bleibt das Debüt von SIX DAYS OF CALM ein sehr warmes und emotionales Stück Post-Rock für Melodieverliebte.

Autor

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Daniel

Autoren Bio

Musikverliebt und reisefreudig, meistens nett und umgänglich, mit einer Gefühlspalette von "Live your heart and never follow" über "Hold Fast Hope" zu "I want to smash my face into that god damn radio / It may seem strange but these urges come and go"