Düstere Gassen, Gestalten mit Kapuzen, nasser Asphalt, bedeckt von plattgetretenen Blättern, Regenschirme, ein Kiosk an der Ecke, Menschen gehen ihren Leben nach. Unter der Kapuze: Kopfhörer. Rein in die Bahn. Wasser plätschert ans Fenster, macht die Sicht unscharf; nur die Regenschirme stechen noch einigermaßen aus dem unklaren Etwas heraus.
Das Display zeigt „Autumn Leaves“ von SMOKEY131. Das Display zeigt mir auch das Cover, und das, das muss gerade noch festgehalten werden, passt dann doch nicht ganz zu der strahlenden Romantik, welche ich hier – inmitten dieses grauen Herbstes – erlebe. Kein Sonnenuntergang, keine Sonnenstrahlen: Nur Grau – und wenn dann urbane Romantik. Ansonsten: Well done, SMOKEY131 (welch eigenwilliger Name, by the way) – du unterstreichst durchaus diese Jahreszeit der Umgewöhnung, der Umgewöhnung hin zu raueren, ungemütlicheren Tagen, welche aber natürlich durchaus auch ihre ganz eigene Ästhetik offenbaren können. Und während ich für einen Moment in der trockenen, verhältnismäßig warmen Bahn sitze und dieser SMOKEY131 immer noch unter meinen Kopfhörern sein Unwesen treibt fallen mir auch direkt Assoziationen, Vergleiche ein. BLOCKHEAD hat letztens was ähnlich klingendes rausgebracht („The Music Scene“ ist übrigens nach wie vor zu empfehlen!), wobei seine Musik etwas positiveres ausstrahlte. Dann schon eher die minimalistischeren, ebenfalls von Grauheit geprägten Sachen von DJ KRUSH. Und manchmal – gerade, wenn der gute SMOKEY131 – dann doch mal musikalisch den ein- oder anderen Sonnenstrahl zulässt – werden auch Erinnerungen an die gute alte „Private Press“ von DJ SHADOW wach. Die war zwar nicht das Beste was SHADOW gemacht hat, war im Vergleich zum Mammutwerk „Entroducing“ eher gelassen und weniger pathetisch, hatte durch diese Unbekümmertheit aber durchaus auch ihren eigenen Reiz. Und diese Unbekümmertheit macht auch „Autumn Leaves“ aus: Es sind – wie bei KRUSH und BLOCKHEAD – weniger die großen Momente als mehr die Wirkung als Ganzes, welche die Musik ausmachen.
SMOKEY131 zitiert dabei vielseitig: Von schlichtweg düsteren Soundscapes hin zu einfachen, sich nur leicht aufbauenden, – dabei natürlich immer rein instrumentalen - Beats mit Elementen wie dezenten Klavier- oder Trompeten-Samples. „Autumn Leaves“ ist dabei stets ein Album der Ordnung: Nie wirkt das Gebotene überfrachtet von Ideen, vielmehr steht immer die Wirkung der Gesamtheit im Vordergrund. Und die ist in erster Linie vor allem eines: atmosphärisch. Da kann man SMOKEY131 auch verzeihen, dass „Autumn Leaves“ etwas der rote Faden fehlt und viel mehr wie eine große (fast schon zu große) Ansammlung von Songs wirkt, die immer mal wieder ihre Stimmung variiert, im Grunde aber ziellos verläuft. Aber vielleicht passt gerade das zur Thematik.
Die Bahn hält. Warten, geduldig sein, warten bis man endlich raus kann. Es ist gar nicht nötig den Regenschirm aufzumachen oder die Kapuze überzuziehen: Es regnet gar nicht mehr. Die Kapuze – und die Kopfhörer – bleiben trotzdem auf.
"Autumn Leaves" kann HIER kostenlos runtergeladen werden.
Tracklist:
01. Intro (August)
02. Get Down
03. Rain Part 2
04. Tauben
05. Burning Skies (Introduction)
06. Burning Skies
07. Bomben Song
08. Epistaxis
09. Killer
10. Red Sky (Reprise)
11. Help Me
12. zu Breit (skit)
13. Moonsong
14. A Lost Jazz File
15. Dead End
16. 1971
17. Soul
18. Space Funk
19. Gruss an Moebius
20. Ashes
21. Danach…
22. Y-Schnitt