Bei all dem Elektrosmog und Frequenzenhagel, wie er im kalifornischen Silicon Valley durch die Lüfte kriecht ist ein Countrystar-Alptraum ein eher mickriges Problem. Wenn die Jugend zum Tiefschlag ausholt und keine Umgebung mehr vertraut erscheint, wird es schon ernster.
Da steht er nun. Der einsame Junge, der jeder von uns sein könnte. Er blickt vom Hügel aus der Ferne auf die Lichter der Stadt. Zukunft? Für ihn selbst ungewiss. Für wohligen Poppunk der Marke post-pubertär schon goldiger. STICKUP KID aus San José sind jung aber brauchen kein Geld. Wichtiger ist ihnen das Wohl ihrer Träume und Ideale, wie sie mit „Future Fire“ flächig und stolz bekanntgeben. Die fünf blutjungen Herren klingen zwar weiter hauptsächlich wie locker aus dem Handgelenk geschüttelt – allerdings warten unter den elf neuen Songs auch einige Zeitzeugnisse. „Lost“ vermag zunächst eher zu streicheln oder zu trösten als aufzuwecken und schwebt gelassen in Richtung seines kompromissloseren Endes. Gleich in den ersten sechs Minuten feuern STICKUP KID alle Gegenpole durch den Raum, die „Future Fire“ zu bieten hat: Aus dem verhangenen Opener entfaltet sich „The Depths Of Me“ – und mit ihm bereits einer der Höhepunkte des Albums.
Die Band um Sänger Tony Geravesh galoppiert durch die Skatepunksteppe, als hätte man ihnen das Eiswasser eimerweise in die Boxershort gekippt. „Keeping My Distance“ verliert sich hingegen schnell im verwässerten Popkader und hat Mühe, Ohren und Beine bei Laune zu halten. Schön und offenherzig klingt dann „Through The Night“, das STICKUP KID über viereinhalb Minuten mit süffigem Rock ausfüllen. Mal grüßen abgetrocknete BILLY TALENT, dann entscheidet sich „Future Fire“ für Rückblicke auf eine Zeit, in der Emo noch gefürchtet wurde.
„Angekommen“ und „erwachsener“ sind trotzdem Wortgift für das in sich gekehrte „Gotten Away“ oder das lapidare „Wasted“, denn STICKUP KID wären höchstens der nette Nachbarsjunge, der beim Zeitungsaustragen höflich grüßt und sich entschuldigt, wenn beim Rasen sprengen Wasser in die Laufrichtung der Nachbarslady sickert. Hinterher, in der Garage, kann man Gedanken und Sichtweisen ja noch in Ruhe ordnen.
Sicherlich keine Tugend ihrer Kindheit, aber immer noch gern gesehen – beziehungsweise gehört.
Trackliste:
01. Lost
02. The Depths Of Me
03. What's Missing
04. Good People In A Place I Hate
05. Keeping My Distance
06. Chariot
07. Through The Night
08. Gotten Away
09. This Is Over
10. Wasted
11. Tailwind