Zum Glück gezwungen: TEENAGE WRIST schrumpften zum Duo und mussten sich neu arrangieren. Etwas Besseres hätte ihnen nicht passieren können.
Hätte ja auch schief gehen können: Wenn eine Band nach dem Debütalbum ihre Stimme verliert, kann das auch schnell das Aus bedeuten. Nach dem Ausstieg von Sänger/Bassist Kamtin Mohager war für die verbliebenen Marshall Gallagher (Gitarre) und Anthony Salazar (Drums) klar, dass TEENAGE WRIST um jeden Preis am Leben erhalten werden soll. So schloss sich Gallagher ein und begann, zu schreiben. Heraus kamen zwei Songs, die auch Salazar gefielen und direkt auf dem Album landeten: „Wear You Down“, ein shoegaziger Rocker mit tollem Einstieg sowie „Yellowbelly“. Der Song verwirrt kurz mit seinem radiopoppigen Vibe, überrascht mit AT THE DRIVE-IN Referenz („Dancing On The Corpses Ashes“) und überzeugt schließlich mit seiner grandiosen Hookline und ordentlich Punch im Chorus. Damit steht er exemplarisch für die neuen TEENAGE WRIST: War das Debüt „Chrome Neon Jesus“ zwar ein gutes Album zwischen 90er-Einfluss und modernem Alternative/Emorock, wirkt es im direkten Vergleich geradezu eindimensional. „Earth Is A Black Hole“ verändert das Grundrezept zwar nur in Nuancen, ist aber experimentierfreudiger bei der Dosierung der Zutaten: Das Album ist wesentlich druckvoller geraten und hat ganz einfach die besseren Melodien zu bieten. Auch der erzwungene Wechsel am Mikro erweist sich als klares Upgrade: Wo Mohager noch genretypisch verschlafen vor sich hin murmelte, zeigt sich die Stimme von Gallagher ungleich facettenreicher und dringlicher. So machen dann dicke Refrains mit oft hervorragenden Melodien das Album zu einem Großteil aus: „Taste Of Gasoline“, „New Emotion“, „Silverspoon“, oder „High Again“ sind allesamt enorm gute und mitreißende Rocksongs, die im Ohr bleiben. Als weiterer Pluspunkt erweist sich die druckvolle und gleichzeitig dynamische Produktion von Colin Brittain (BASEMENT, A DAY TO REMEMBER), der sich dazu auch am Songwritingprozess beteiligte. Ganz ohne Kritik kommt „Earth Is A Black Hole“ bei aller Lobhudelei aber nicht weg: Die Melodieführung wirkt in einigen Songs arg beliebig und uninspiriert („Wear You Down“, „Earth Is A Black Hole“), während die Songstrukturen mit shoegaziger Strophe und der Fixierung auf den Refrain zur Formelhaftigkeit neigen. Allerdings beweisen TEENAGE WRIST ein gutes Gespür dafür, in den richtigen Momenten für Abwechslung zu sorgen: Das bereits zuvor genannte „Yellowbelly“ dient da als Beispiel, ebenso das mit Elektrobeats in Richtung Cloudrap schielende „High Again“ oder das im durchgehend hohen Tempo agierende (und sich damit selbst wiedersprechende) „Wasting Time“. Auch das abschließende „Stella“ wird durch eine finale Wall-of-Sound aus der Lethargie gerissen und verhindert so ein all zu träges Ende der Platte. Absolut beeindruckend, wie TEENAGE WRIST es geschafft haben, nach einem Schicksalsschlag, den die meisten anderen Bands nicht überlebt hätten, so gestärkt hervorzugehen.