Die gefeierten Helden der Jahrtausendwende mit dem Comeback nach dem Comeback. Emo like it’s 1999?
Nein, aber ernsthaft erwartet hat das auch hoffentlich niemand. Zwei Alben lang haben THE GET UP KIDS aus Kansas City den verpönten Genrebegriff so sehr definiert, wie kaum eine andere Band. Besonders mit ihrem gefeierten Zweitling „Something To Write Home About“ haben sie 1999 ein wahres Genre-Meisterwerk geschaffen, welches sich bis heute in unzähligen Platten-für-die-Insel-Listen findet. Dabei war der Band die enge Schublade mit den drei Buchstaben schon immer zuwider. Und ehrlicherweise ist der Begriff mindestens seit dem zweiten Album mit Einzug der Keyboards zu klein für das songwriterische Können und die breiten Einflüsse. So pfiffen die Fünf im Anschluss konsequent auf Genrekonventionen und Erwartungshaltungen und weiteten ihren Sound auf countryeske Balladen und Synthpop aus, bevor dann 2005 erstmal Schluss war. Das Quasicomeback „There Are Rules“ kam dann 2011 bei Fans und Kritikern ob des experimentellen Klangs eher gemischt an.
Nun also „Problems“, quasi das Comeback nach dem Comeback. THE GET UP KIDS klingen 2019 wie die Summe ihrer Teile, so abgedroschen sich das auch liest. Zwei Dinge fallen von Beginn an auf: „Problems“ hat nichts mit Hochglanz zu tun, Grammy-Preisträger Peter Katis (KURT VILE, THE NATIONAL) hat dem Album einen fuzzig-garagigen LoFi-Sound verpasst, welcher der Band nach kurzer Gewöhnung erstaunlich gut zu Gesicht steht. Und: Der Fünfer hat nichts an songwriterischer Klasse verloren und ist jederzeit eindeutig als THE GET UP KIDS zu erkennen. Das liegt natürlich vornehmlich am unverwechselbaren (und immer noch ziemlich jungenhaften) Organ Pryors sowie den prägnanten Tasten von James Dewees, nicht zuletzt aber auch am einmaligen Melodieverständnis und dieser bandeigenen Ungestümtheit. Das eröffnende „Satellite“ beweist das exemplarisch und geht dabei sogar als Reminiszenz an die Anfangstage durch. Ein Emopunk-Hit, der auch auf „Four Minute Mile“ hätte brillieren können. Das titelgebende „The Problem Is Me“ erinnert im Anschluss dank orgeligem Intro und dem schönen Refrain an das legendäre Zweitwerk, bevor „Salina“ gefühlvoll und mit schöner Leadgitarre die ruhigen Seiten der Band auslotet. Nach dem gelungenen Einstieg flacht die Platte dann leider etwas ab, die Songs verlieren sich zunehmend in mittelgutem Power-Synthpop, der wie in „Common Ground“ nicht so recht weiß, ob er jetzt lieber dem Keyboard oder den Gitarren folgen soll und entsprechend kopflos klingt. Erst „Symphony Of Silence“ biegt die Formkurve mit hymnischem Powerpop samt Schellenkranz wieder nach oben. „Brakelines“ steht dem in nichts nach und überzeugt mit schöner Leadgitarre und Uptempo, das abschließende „Your Ghost Is Gone“ entfaltet sich mit traurigem Klavierintro als erst getragene, später pompöse Ballade voller Intensität und Schönheit.
THE GET UP KIDS machen auf „Problems“ so ziemlich das, was sie wollen. Anscheinend ist das so etwas wie LoFi-Indie-Synth-Power-Pop mit vielen großartigen Melodien und etwas Leerlauf. Unterm Strich kommt dabei ein sehr charmantes Album raus, welches durchaus noch Wachstumspotenzial in sich trägt.