Ein Lebenszeichen, bitte sehr. Eine Situationsbeschreibung bezüglich der drei verloren geglaubten Buchstaben, die früher immer zusammen mit Schachbrettmuster und dem mittaglichen Festival-Tanzausraster genannt wurden? Ach ja, genau: Ska. Aber wie klang das nochmal? Aktuelles Anschauungsmaterial reichen THE OFFENDERS ein. Mit vielversprechendem "X"- aber ohne flaches Bläser-Alibi.
THE OFFENDERS kommen eigentlich aus Italien, aber wer Offbeat spielt und was auf sich hält, der zieht nach Berlin. Die Rude Boys um Sänger Valerio allerdings folgen keinem Trend oder Schnellschuss. Auf ihrem sechsten Studioalbum feiert die vierköpfige Band ihr zehnjähriges Jubiläum und stimmt zur Feier des Jahres sogar mal deutsche Parolen in den Lyrics an. Mit dem ersten Durchlauf steht fest: Das Album ist klar aus einem Guss und spielt sich auf einer schmalen Linie zwischen Two-Tone, Mod, und Offbeatpunk ab. "Alles Muss Raus" oder "From The East Side To U.K." bieten ein organisches, wenn auch leicht schwammiges Schlagzeug, dass sich an Standard-Sounds entlang hangelt und bloss kurzweilig das Tanzbein jucken lässt. "St.Pauli Swing Jugend" folgt demselben offensivem Prinzip: Büchse auf und ab dafür - Song und Text lernen sich noch auf dem Weg in den skankenden Pit. Im Falle der OFFENDERS reicht ein Großteil der Songs immerhin zum Warmwerden an der Theke. Ska, ob in traditioneller Rein- oder in moderner Schmutzform aber kann mehr als "X". "Martens Style" taucht in RANCID-Kutte auf, "Tons Of Drunks And Party Scum" formt sich eher zweckmässig aus Hammondorgel und lauwarmem Mitmach-Refrain. Oft klingen die zwölf Songs, als wären sie einfach zu hastig fertiggestellt worden. Inhaltlich stellen sich THE OFFENDERS dabei alles andere als flach auf: Vom Leben im sozialschwachen Umfeld, dem Meinungsherd Politik und genereller Findung innerhalb der Gesellschaft handeln die Stücke, denen einige anhängliche Hooklines doch nicht ganz zum Erfolgsrezept reichen. "Kids Like Me" oder "2 Tone Time" sind musikalisch dünn, mit der Offbeat-Hitschmiede MIGHTY MIGHTY BOSSTONES oder der ungestümen Art von STREETLIGHT MANIFESTO kann "X" schlicht nicht mithalten. Das tolle Artwork im nicht totzukriegenden Old School-Tattoo Stil und der spürbar anhaltene Bock der umtriebigen Italo-Berliner aber verhindern, dass irgendjemand den Erfindern des "Hooligan Reggae" am Stuhlbein herumsägt.