THY ART IS MURDER – ich hatte gehofft, dass die Australier meine Erwartungen erfüllen könnten, die sie mit „Holy War“ geweckt hatten. Doch so ganz hat das nicht funktioniert. Dabei fing alles so gut an.
Das schnörkellose Anfangsriff von ‚Slaves Beyond Death‘, welches die ersten acht Takte des neuen Silberlings „Dear Desolation“ eröffnet, macht sofort klar: Jetzt wird es ungemütlich! Die einsetzenden Blastbeats (und vor allem der sehr direkte Drumsound im Kontrast zum eher weit auffächernden Gitarrensound – leider hört man den Bass nur marginal) wirken wie eine Zeitmaschine. Zurück in die frühen Neunziger mit einer Hookline die auch von HATESUQAD hätte stammen können. Hier werden die MORBID ANGEL und SOFFOCATION Einflüsse ganz offensichtlich. Da stört dann auch nicht mehr der klassische Breakdown, wenn dieser im Kontext des Songs auch weniger wie Hauptbestandteil des Arrangements wirkt, sondern wie eine songdienliche (wenn auch vorausschaubare) Notwendigkeit. Kompromisslos, simpel, direkt.
‚The Son of Misery‘ arbeitet mit einem epischen Ostinato und einem wenig später einsetzenden palm muted Riffing. Beides kontrastiert sich auf herrliche Weise, bevor ab Minute 0:40 ein Grindcore-Gemetzel beginnt, welches wenig später von einer disharmonischen Gitarrenmelodie abgelöst wird. Ein weiterer Tribut an die Recken vergangener Zeiten. Danach eine rhythmische Dampfwalze im halftime-Tempo, die BOLT THROWER Freude bereitet hätte. Dynamisch sehr effektiv. Das Gitarrensolo sticht heraus und bringt gemeinsam mit den Synthie-Streichern etwas „Licht ins Dunkle“. Ein sehr starker Song. Mein Favorit.
„Puppet Master“ – der Anfang ist ein sehr freches Plagiat von LAMB OF GOD´s ‚Redneck‘. Das wäre mir persönlich unangenehm. Dafür ist die vorpreschende Hookline, welche unmittelbar in ein uptempo übergeht, einfach mitreißend. Die Achtel-Snare im zweiten Vers erinnert an UNEARTHs ‚Bled Dry‘ - naja, die haben das auch nicht erfunden. Aber schade, dass einem sofort die Querverweise derart deutlich ins Gesicht springen. Dennoch ein guter Song.
Der Titeltrack „Dear Desolation“ arbeitet wieder mit für die Atmosphäre dienlichen Streichern und dem bisher besten Vocal Sound. CJ ist die Drogen (laut eigener Aussage) los und „scheint“ hier sehr hell. Doch beginnt hier auch schon der langsame, nicht aufzuhaltende Abstieg meines Aufmerksamkeitspegels, auf Grund des ansteigenden Homogenitätsgrads. Da kann auch ein Solo Marke SLAYER nicht viel helfen.
‚Death Dealer‘ baut mit einem erneuten Ostinato in den Gitarren und Streichern eine Atmosphäre auf, die durch das doubletime-Tempo wieder dekonstruiert wird. Von der Umsetzung her erinnert das an BLEEDING THROUGH. Ich hätte mir hier zu Anfang etwas mehr gesangliche Abwechslung gewünscht. Die Vocals sind ziemlich statisch. Dadurch wird aus meiner Sicht die instrumentelle Dynamik negiert.
‚Man is the Enemy‘ ist dann für mich ein ziemlich typischer DeathCore Song. Ich sehe live schon die Arme und Beine fliegen, aber bei mir bricht keine Begeisterung aus. Auch weil hier mit ähnlichen musikalischen Mitteln gearbeitet wird, wie in den beiden Songs zuvor. Ansprechend bleibt nur das Gitarren-Riffing vor dem Breakdown und die Vocals in eben jenem. Hier zeigt CJ, dass es durchaus Talent und Können bedarf, um entsprechende Formanten derart zu betonen, dass ein satter Growl-Sound entsteht. Absolutes Mittelmaß, befriedigend. Nicht schlecht, nicht gut. Danke dafür.
‚The Skin of the Serpent‘ beginnt da schon ganz anders. Also nicht von der Aufmachung her, aber wie hier eine Gitarre Sechzehntel über die zweite, den folgenden Beat vorwegnehmende, legt und dazu nur der eisklare Drum-Sound brilliert. Toll. Was danach kommt ist allerdings wieder Marke dessen, was bisher aus den Boxen kam. Mit Ausnahme der Vocals im Refrain. Hier endlich etwas Abwechslung. Nicht viel, aber eben so viel, dass es mich für einen Moment aufhorchen lässt. Zum Glück, denn der eingeschobene Middle-Eight ist eine längst überfällige Pause, die wunderbar in einem Plagalschluss hätte enden können. Aber nein, der Breakdown fehlt. Danach wird über ein einsames Gitarrenlick ein Fade Out vorgenommen, ähnlich wie bei PANTERA ‚Floods‘, ohne dass es auch nur im Ansatz so ergreifend wäre. Schade, hier ein paar Sekunden weniger und für mich hätte der Song an Ausdruck gewonnen.
‚Fire in the Sky‘ – TAM beginnen die Formel vorheriger Songs zu reproduzieren. Da können auch einsetzende Blasts und vokale Abgründe nicht mehr überraschen. Generell steht TAM diese Marschrichtung jedoch sehr gut. Dieser Song hätte sich etwas eher besser gemacht, gerade wegen der herausstechenden Schlagzeugarbeit im Refrain.
‚Into Chaos We Climb‘. Wie hier Gitarre und Gesang in den Song einleiten, lässt mich laut auflachen. Das klingt einfach nicht nach dem Effekt, den man sich vermutlich erhofft hatte. Das dann einsetzende schleppende Tempo langweilt mich. Dieser Song hat für mich nichts wirklich Erwähnenswertes, außer vielleicht dem Gitarrensolo, was das Stück vor der Belanglosigkeit bewahrt.
‚The Final Curtain‘ bedient sich zu Beginn einem ähnlichen Effekt wie sein Vorgänger, doch ist hier der Übergang in mittleres Tempo mit durchgehender Double Bass ein willkommener Aufmerksamkeitserreger. Eine tolle Nummer, die Groove und Dynamik besitzt. Leider ist die Herangehensweise wieder dieselbe und das Gitarrensolo wirkt auf mich etwas uninspiriert.
Unterm Strich eine grundsolide Platte, mit einigen wirklichen Hits, die versucht dynamisch und abwechslungsreich zu arbeiten. Besonders gefällt mir das Schlagzeugspiel, als auch dessen Produktion. Die Gitarrenarbeit finde ich nicht sehr innovativ, aber für DeathCore überraschend ambitioniert. Gesanglich bleibt CJ hinter meinen Erwartungen zurück und ob da überhaupt wer Bass gespielt hat, wage ich nicht zu vermuten, was mir persönlich bitter aufstößt. Fünf der zehn Songs sind wirklich hörenswert, wenn auch nicht besonders innovativ. Wem das reicht, der sollte beherzt zugreifen. Vermutlich wirken die Songs live nochmal um einiges druckvoller.