Zwischen Aschenbecher, Rauchschwaden und dem nächsten Bier. Zwischen Berlin, Köln und Leipzig. Zwischen Eis verkaufen, Bühnen aufbauen und dem x-ten, anderen Nebenjob. Irgendwo dazwischen ist immer die Musik. Zumindest bei TIGERYOUTH.
Tilman aka TIGERYOUTH ist der letzte wahre Punk der Singer Songwriter-Szene. Eis verkaufen, um wieder auf Tour gehen zu können. In U-Bahnschächten spielen, um die Platte zu finanzieren. Bühnen aufbauen, um später einmal darauf spielen zu können. Leben FÜR die Musik, anstatt VON der Musik.
„Es ist immer einfach, diesen Punk-Ethos vor sich herzutragen und so zu tun, als wär' einem die Kohle scheißegal. Irgendwann musst du sie trotzdem verdienen, die Rechnungen zahlen sich nicht von alleine. Das ist eine Einsicht, für die ich recht lange gebraucht hab.“
Und dennoch zieht TIGERYOUTH sein Ding weiter durch und lässt nicht von der Musik ab, setzt sich in kein Großraumbüro, um 24/7 die Wände anzustarren, geht nicht studieren oder macht keine Ausbildung, auch wenn das Ganze wahrscheinlich um einiges einfacher und seinen Eltern um einiges lieber wäre.
„Ich sehe nicht ein, etwas anderes zu machen, als Musik. Nicht nach fast 500 Shows in den letzten sechs Jahren, meinem Label Zeitstrafe im Rücken und so vielen weiteren Menschen, die an mich und meine Musik glauben und dabei helfen, dass ich das machen kann, was ich mache.“
Sein neues, selbstbetiteltes Album „Tigeryouth“ ist nach „Leere Gläser“ die zweite Veröffentlichung über das Label Zeitstrafe. Eine Zusammenarbeit die perfekt harmoniert, wie Arsch auf Eimer, Topf und Deckel,… zusammen passt. Das D.I.Y.-Plattenlabel, welches bereits Platten von MATULA, ADOLAR, CAPTAIN PLANET und ESCAPADO veröffentlicht hat und der Akustik-Schrei-Punk - zwei Perlen der Musiklandschaft die zusammengefunden haben und nun gemeinsam ihr Ding durchziehen.
Akustik-Schrei-Punk. Jenes Wort, jene Wörter, jenes (extra für Tilman geschaffene) Genre beschreibt TIGERYOUTH perfekt. Voller Inbrunst wird über die Akustik-Gitarrensaiten gerotzt und all die Wut, all die Zweifel und all die Hoffnungen herausgelassen, die sich, über all die Wochen in denen Tilman nicht auf Tour sein konnte, angesammelt haben. Mal ruhiger, mal lauter, mal deppressiv, mal wütend, aber immer voller Energie, mit ganzem Herzen, nie auch nur mit halber Kraft und das am besten live und in Farbe. Und trotzdem gelingt es Tilman, in Zusammenarbeit mit Kay Petersen, all die Emotionen eines Live-Konzerts auf Platte pressen. Der Charme des Unperfekten, die rauchige Stimme, das emotionsgeladene Gitarrenspiel – all das findet man auch auf Platte wieder.
Tilmans Texte sind dabei, genau wie seine Musik, roh, einfach und direkt von der Straße. Mal Politisch, mal alltäglich, mal zwischenmenschlich. Es wird angesprochen was bewegt. Vom Rechtsruck bis Pleite sein. All die Gedanken die einem Tag und Nacht so durch den Kopf schwirren.
Unterstützt wird Tilman dabei u.a. von Jörkk von LOVE A und Anne Miau von HASS AUF ALLES. Mal einzeln, mal direkt alle vereint im Chor.
Im Vergleich zu „Leere Gläser“ ist „Tigeryouth“ abwechslungsreicher und offener geworden. U.a. haben elektrische Gitarren und auch ein Schlagzeug den Weg auf Platte gefunden, ohne den Charme, das Gefühl des einsamen Singer-Songwriters, zu verlieren. TIGERYOUTH bleibt TIGERYOUTH. Tilman bleibt Tilman.
Daher fällt es auch so schwer TIGERYOUTH mit anderen Künstlern zu vergleichen. Zu sehr sticht er aus der Masse der „normalen“, klassischen Singer Songwriter heraus. Zu viel Punk, zu viel Wut, zu viel Geschrei. Da bleibt am Ende nur NO SUPRISING NEWS aus Dortmund, der ähnlich tief in der Punk-Szene verwurzelt ist und einen vergleichbaren Sound wie der Tigerjunge anschlägt.
Tilman ist mit „Tigeryouth“ ein ehrliches, (noch immer) rohes, energiegeladenes Album gelungen, dass die Hörer der ersten Stunde nicht enttäuschen und ihm live viele neue Freunde bescheren wird. Sowohl das Schlagzeug und die elektrischen Gitarren, als auch die Gästsänger/Innen gliedern sich perfekt in den TIGERYOUTH Sound ein und veredeln die eh schon guten Songs. „Tigeryouth“ ist das bisher abwechslungsreichste und vielleicht beste Album das Tilman bisher geschrieben hat.
Aber am Ende sind es dann doch die Live-Erlebnisse, die Gespräche vor und nach dem Konzert und die Treffen an der Bar, die Tilman mit seinen „Fans“ verbindet.
Also Platte kaufen, Job kündigen und mit auf Tour! Man sieht sich am Brett!
„Die Rechnung ist ja ganz einfach. DIY-Shows werfen nicht viel Kohle ab und ich hab' keinen Bock, den Menschen, die seit sechs Jahren Shows mit mir organisieren, jetzt mit Festgagen und Verträgen zu kommen. Aber wenn ich für vier Monate auf Konzerten Verpflegung & Schlafplätze habe, also so gut wie keine Kosten, summiert sich das, was an Kohle überbleibt. Mal gucken, was nach der Schuldentilgung übrig bleibt. Den nächsten Job für die Zeit nach der Tour hab' ich schon. Immer an der Leine!"