Der Elefant dreht sich rülpsend auf dem eigenen Rüssel, ein Schimpanse jongliert im Antifa-T-Shirt mit kaputten Glasflaschen. In der Ecke liegt ein besoffener Clown auf einem Heuhaufen. Im Zirkuszelt riecht es nach Schweiß, Pizza und Kräuterzigaretten. Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kinder: Willkommen in der „Gran Galá“!
Ska! Erinnert sich noch jemand? TALCO schon. Und sogar immerzu. Das Sextett aus Italien schwitzt, prustet und tobt für sein Leben gerne. Nicht nur pausenlos auf deutschen Bühnen und vor vorzugsweise dauergrinsendem Publikum. Das hört man auch dem Nachfolger von „La Cretina Commedia“ unschwer an - vom Chor bis zum Skatepunkriff. „San Maritan“ stapft wild umher und lässt an alte SKA-P denken, „I Giorni E Una Notte“ suhlt sich lieber in Polkaakkorden und flutet imaginäre Tanzflächen mit dem herzlich markanten Organ von Frontmann Dema. TALCO heben und senken während den fünfzehn Titeln immer wieder Tempo, Stile und ganze Stimmungen – „La Roda De La Fortuna“ ist das schlicht geknüppelte Interlude, „Dai Nomadi“ dagegen die sehr melancholisch gedrückte (aber textlich verstörende) Chance zum Ausatmen. Die zu nutzen will gut getimt sein: Viel Platz zum Luftholen lässt „Gran Galá“ nicht – ähnlich der sich beinahe überschlagenden Worte bei „La Macchina del Fango“ greift die Band aus Maghera vom Punkrock barfuß in Streicherarrangements und vom Bläsergewitter zurück in klassische Folklore. Dass dabei nicht an hinsetzen oder Teetrinken zu denken ist, unterstreichen Ketto, Jesus, Cioro, Rizia, Dema und Drummer Nick seit mittlerweile zehn Jahren.
Von den JUZEs auf die Festivalbühnen zur Mittagshitze – TALCO und ihr „Punkchanka“ sind gern gesehen und stadtbekannt. Gründe dafür liefert „Gran Galá“ ausreichend und, am Beispiel „All´ Adunata Del Feticcio“ gemessen, großzügig austariert: Vom klitzekleinen Einstiegsvolumen bis hin zum Zirkuszelte einreißenden Finale kommt der „Hit“ nicht aus dem Kopierer, sondern wird liebevoll und für alle Situationen ausgestattet zusammengeschustert.
Und weil TALCO nicht nur in den Bus steigen, um Lebens- und Feierfreude aus jeder europäischen Seele herauszukitzeln, gibt es die italienischen Lyrics inklusive englischer Übersetzung im dicken Booklet nachzulesen. Nicht nur Berlusconi oder die aktuelle (Staats-)Form der eigenen Heimat inklusive der schmierigen Politik werden hier mit Trompeten und Offbeats bespuckt – nebenher erzählt man auch übers eigene Fernweh. Absehbar also, dass die graziöse Gala demnächst auch live und aus einer lokalen PA schallen wird. Ob der verkaterte Künstler dann jedoch über die letzten dreißig Jahre italienischen Herrschaftswahn diskutieren möchte, bleibt abzuwarten.
Trackliste:
01. Gran Gala
02. La Mia Citta
03. San Maritan
04. Danza Dell´ Automno Rosa
05. La Roda De La Fortuna
06. La Macchina Del Fango
07. All´ Adunata Del Feticcio
08. I Giorni E Una Notte
09. Dai Nomadi
10. La Veglia Del Re Nudo
11. A Picco
12. Teleternita
13. XIII
14. Ancora
15. Un´ Idea