Plattenkritik

The Bomb - Speed Is Everything

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Release Date: 25.09.2009
Datum Review: 11.09.2009

The Bomb - Speed Is Everything

 

 

Geld?! Nö. Macht??! Knapp daneben. THE BOMB um Ex-NAKED RAYGUN-Crooner Jeff Pezzati befinden sich trotz fortgeschrittenen Alters auf der Höhe zeitgenössischer Diskurse und wissen: Geschwindigkeit ist die heimliche Herrscherin unserer Welt. Wenn sich diese Erkenntnis auch nicht zwangsläufig auf ihre Songs niederschlagen muss.

Wir kennen das. Alles geht auf Zeit. Unser aller Leben ist minutiös durchstrukturiert. Freiheit? Eine Illusion. Immer erreichbar, immer online. Der grüne Balken bei MySpace flimmert noch, während parallel irgendwer kurzlebige Nichtigkeiten über Facebook und Twitter verbreitet, das Handy stets am Ohr. Das Bedürfnis einer immer zeitvernichtender wirkenden Öffentlichkeit mittels Kommunikation und Geschwindigkeit (da ist sie wieder) Herr(in) zu werden, ist reale Sisyphosarbeit. Nun, könnte man jetzt anmerken, alles schön und gut. Das hat uns Hartmut Rosa ja bereits alles lang, breit und anschaulich erklärt. Nur, was hat das mit herrlich anachronistischem Punkrock mit Hang zur großen Vokalgeste aus Chicago zu tun?! Mehr als man denkt….

Fangen wir von vorne an. Vor etlichen Jahren gab es eine semilegendäre Punkband aus Chicago. Nennen wir sie einfach mal NAKED RAYGUN. Vergöttert von einigen, bewundert von vielen, ignoriert von Myriaden. THE HOPE CONSPIRACY haben die mal ziemlich kongenial gecovert ('Treason') und – ach ja – deren Sänger Jeff Pezzati ist der Typ aus dem Chorfinale von PAINT IT BLACKs 'Shell Game Redux'. Wenn man denn gestandene Legenden mit zeitgenössischen Helden erklären möchte. Streng genommen gibt es ja beide Typen im Punk nicht. No gods, no masters und so….

THE BOMB sind jetzt bei No Idea, werden einem nicht komplett irreführend als Paten eines gewissen „Gainesville-Sounds“ verkauft und klingen nicht zuletzt aufgrund Pezattis stoisch-melodiöser Vortragsweise immer noch stark nach dessen Vorgängerband. Soll heißen: Hochmelodischer, mitunter stark Hymnen-affiner Punk von reflektierten Menschen, die wissen: Wer schreit, hat nicht auch zwangsläufig immer recht. Beherzt und schön transparent aufgenommen von J. Robbins (JETS TO BRAZIL, KILLING THE DREAM, RUINER), dem man wohl nicht zu unrecht nachsagt, er würde Bands nur so aufnehmen, wie sie auch tatsächlich klingen. 'The Kids', 'Spaceman' und der Titelsong sind dann auch genau jene Hits, die man sich bei einem solchen Background gewünscht hat: Poppige Stringenz, viele „Ooohs“ und „Aaahs“, die titelgebende Geschwindigkeit auch mal geflissentlich ignorierend. Treibend und schlüssig. Dem verträumten 'Space Age Love Song' leiht gar Bob Nanna (BRAID) sein glasklares Organ. Dann ist da natürlich noch dieser der Leserschaft nicht gänzlich unbekannte Daniel Yemin, der einem sympathisch altbacken klingenden 'Integrity' zeitgemäße Niedertracht beifügt. Quid pro quo. Ganz ohne abgewatscht zu werden, kommt unsere gute alte Moderne dann halt doch nicht weg. So klingt das also, wenn alte Männer trendbefreit herzhaften Punkrock spielen…. Und sich von so was wie rasendem Fortschritt völlig unbeeindruckt zeigen. 7,5

Tracklist:

01: The Kids
02: Holiday
03: Not Christmas Night
04: The Rescue
05: Haver
06: Space Age Love Song
07: Integrity
08: A Song For Helenas
09: Spaceman
10: Speed Is Everything
11: Blown Away

Autor

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René

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