Du im Krankenhaus, ich am Flughafen: Die Probleme im Leben eines Vorstadt-Poppunkers werden auch mit kürzerem Vorlauf gen dreißigstem Lebensjahr alles andere als weniger. Mit „The Greatest Generation“ sorgen Dan „Soupy“ Campbell und seine Leidensgenossen immerhin für eine astrein vertonte Reflektion.
Kaum zu glauben, aber auch zwei Jahre nach „ Suburbia I've Given You All And Now I'm Nothing“ möchte man THE WONDER YEARS viele ihrer Wortwahlen und Songinhalte noch immer am liebsten den ganzen Tag in einer Kühlbox hinterher tragen um ein Verderben zu verhindern. Auch das vierte Album der Band aus Lansdale vor den Toren Philadelphias klingt vielleicht auf den ersten Blick mehr nach Grillfest und Kaltgetränk als nach Selbstzweifeln, vertagter Jugend und dem Heranwachsen zwischen Van-Rückbank und menschlichen Alltagskonflikten. „There, There“ eröffnet trotzdem mit bedrückter Spannungskurve und schüchterner Stimme, „Passing Through A Screen Door“ ist dann sofort hellwach und auf den Punkt.
Die Gitarren rühren wie gewohnt melodiös, die Band wirkt sogar noch eine Spur routinierter - während Soupy seine ehrlich gewählten Worte durchs Gehör fädelt. „A heart attack shoveling snow all alone / If I die, I wanna die in the suburbs“ heißt es in „We Could Die Like This“ – und klingt schwermütig wie augenzwinkernd in einem. THE WONDER YEARS haben sich stets auf der Kehrseite des „Girls + Dollar + X“-Motors spielen hören und verleihen ihren Songs neben markanten Harmonien auch auf „The Greatest Generation“ inhaltlich Sinn und Verstand. Dass dabei auch lupenreines Breitbandpop-Öl ins Feuer gegossen werden darf braucht und möchte „Dismantling Summer“ nicht zu verstecken.
Bloß eine weitere überkandidelte Poppunkgeneration zwischen Smartphone-Flimmern und Facebook-Charme, die ab sofort einstimmig zum heißen Eisen erklärt wird - oder wahrlich ein Freund und Helfer zwischen zu vielen schwarzen Schafen – niemals zu weit lehnt sich das Sextett aus Pennsylvania mit Songs wie „Chaser“ oder dem zentralen „Teenage Parents“ aus dem Fenster.
THE WONDER YEARS fahren weiter zweigleisig: Ihre Musik blickt auch im Jahre acht nach Bandgründung auf die eigenen Wurzeln nahe BLINK 182 oder frühen SAVES THE DAY (ohne sich dafür zu schämen), die Texte jedoch suchen nach keinem schnellen Flirt oder billigem Reim. In der Summe, gepaart mit dem Elan und der Bestechlichkeit der Band, formt „The Greatest Generation“ so eine logische, weil handfeste Platte, die von Steve Evetts (KID DYNAMITE, SAVES THE DAY, SHADES APART) in passendes Gewand gesteckt wurde und sich trotz drohendem Überlaufen des Genres ihre gemütliche und private Sitzecke einrichtet. In dieser erzählt Dan Campbell dann in aller Ruhe von Touren oder Freundschaften - und darf dank seines Hangs zur Poesie und der WONDER YEARS-typischen Hitdichte sicherlich wieder ein Paar Striche mehr auf der eigenen Erfolgstafel verbuchen.
Trackliste:
01. There, There
02. Passing Through A Screen Door
03. We Could Die Like This
04. Dismantling Summer
05. The Bastards, The Vultures, The Wolves
06. The Devil In My Bloodstream
07. Teenage Parents
08. Chaser
09. An American Religion (FSF)
10. A Raindance In Traffic
11. Madelyn
12. Cul-De-Sac
13. I Just Want To Sell Out My Funeral