Plattenkritik

Thrice - Major / Minor

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Release Date: 23.09.2011
Datum Review: 19.09.2011

Thrice - Major / Minor

 

 

10 Minuten bis zum Meer, 30 Minuten in die Berge. Wer alternative Umgebungen mit vielseitigen Eindrücken aufsuchen möchte, hat die Qual der Wahl: hektisches Los Angeles, kahle Wüste, einsames Hinterland. Vom kleinen Universitätsfleckchen Irvine in Südkalifornien aus stehen Naturelemente und Kulturangebote Schlange wie durstige Fußballfans am Bierstand. Widersprüche und Umschwünge reihen sich pausenlos aneinander, springen auf und ab, hin und her. Mit dem siebten Studioalbum kehrt dennoch eine bekannt familiäre Stimmung ins Hause THRICE zurück an der sich spätestens seit "Vheissu" die Geister scheiden: "Weiterentwicklung" flüstern treue und offenkundige Gefährten, während böse Zungen nur müde gähnen.

Was Dustin Kensrue einfach als "natürlichen Reifeprozess" abtut, eröffnet "Major/Minor" stolz und erhaben: "Yellow Belly" zögert nicht und erhält noch in der ersten Minute die Werte, die sich die kalifornische Band über Umwege klar und ausdauernd erarbeitet hat: Die kleinen alltäglichen Zweifel, die unscheinbaren Wunden oder dunklen Wolken lassen THRICE im Regen stehen, wenn Kensrue sich verrucht wiederholt: "But you don´t care, you don´t care..." . Muskulös und selbstbewusst steht der Opener da und schafft zielsicher Fläche für vertracktere und sphärisch verspielte Partner wie "Treading Paper" oder "Cataracts", die sich nicht entscheiden können, ob sie die Augen zukneifen sollen oder bei voller Fahrt der Kopf aus dem Fenster strecken müssen. Die Hardcorewurzeln sind nahezu komplett verschwunden, Circlepits wurden zu Pianosounds und epischen Refrains. "Blur" prescht erst getrieben von Ryans präsenten Drums und Teppei Teranishis dichten Gitarren davon, bricht dann ehrlich und wunderschön in einer THRICE -typischen Choruslinie ein - "Anthology" erklärt das 1 x 1 des perfekten Rocksongs mit vorbildlichen Spannungsbögen und toller Instrumentalarbeit, die weder angeberisch noch kleinlaut daherkommen.

"Major/Minor" schafft mit Hingabe und Fleißabitur die lückenlose Verbindung zwischen lautem Stadionrock und intimer Klavierstunde, verschnauft mit genüsslicher Romantik bei "Call It In The Air" und punktet hymnisch mit "Blinded". Was bei früheren Werken („For Miles“) noch als rare aggressive Schreipassage aus der Verankerung entfloh , weicht unter dem strengen Auge von Dave Schiffmann (u.a. Weezer, Jimmy Eat World, Red Hot Chili Peppers, Bayside) einem stürmischen und zugleich traumtänzerischen Soundteppich – mindestens so breit wie hoch. Die Brüder Breckenridge um Kenrue und Teranishi sind vielleicht das beste (wenn auch höchst umstrittene) Beispiel für die gewollt forcierte Evolution innerhalb einer Band: Wer „Major/Minor“ nach Highschoolmomenten oder einem weiteren „A Torch To End all Torches“ absucht, wird schnell kopfschüttelnd abdanken. Bei wem „Beggars“ jedoch noch nicht das höchste Ausmaß an Interesse und Sympathie forderte, wird THRICE noch immer in fetten roten Lettern auf dem Wunschzettel niederschreiben dürfen.


Trackliste:

01. Yellow Belly
02. Promises
03. Blinded
04. Cataracts
05. Call It In The Air
06. Treading Paper
07. Blur
08. Words In The Water
09. Listen Through Me
10. Anthology
11. Disarmed

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Moppi

Autoren Bio

Alt, langweilig, tierlieb.