Plattenkritik

Tocotronic - Schall und Wahn

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Release Date: 22.01.2010
Datum Review: 21.01.2010

Tocotronic - Schall und Wahn

 

 

Im Vorfeld wurde „Schall und Wahn“ perfekt in Szene gesetzt. Dicke Promomappen wurden, zumindest an Print-Zines, geschickt, die perfekt mit dem Schnöselimage von TOCOTRONIC kokettierten. Ein Blumengedeckt, welches auch das Cover dieser Platte ziert, war da der erste Augenfang und gewundert hat es niemand. TOCOTRONIC haben sich mit ihrer Berlin-Triologie und dem jetzigen Abschluss dieser zu einer der gefragtesten und anspruchsvollsten Bands gewandelt. Hinfort sind längst die Schrammelzeiten in denen bedient wurde, jetzt sind die Hörer gefragt.

Man muss eben nun tiefer eintauchen in die Materie um TOCOTRONIC. So ist schon der Titel ein Verweis in die Literaturwelt und auch das Blumengesteck könnte einen Querpass in die Kunstwelt sein, wenn man ihn sich in der Reinheit und vor weißen, unberührten Hintergrund anschaut. Musikalisch beginnen und beenden TOCOTRONIC dabei das Album untypisch. 10 Songs, eingekeilt von einem 8 minütigem Opener und Schlusslicht, die je so schwermütig daherkommen, dass man auch hierhinter ein gewisses Konzept vermuten könnte, zumal man im Mittelteil des Albums einen gar heiteren Unterton anschlägt. Töne, die man gerade von Produzent Moses Schneider so nicht kennt. Ansonsten Haus- und Hofproduzent der BEATSTEAKS, tunkt er TOCOTRONIC’s „Schall und Wahn“ in einen bunten Topf der zeitgenössischen Rockmusik. Die Songs auf „Schall und Wahn“ glitzern dabei zwischen albern, überraschend und gewohnt tiefsinnig. „Im Zweifel für den Zweifel“ zum Beispiel ist ein akustischer Lyrikbrocken, der textlich eine Schärfe aufbringt, die selbst bei DISTELMEYER‘s „Heavy“ nicht zu finden war und ist so ziemlich das Gegenteil des überraschenden „Bitte oszillieren sie“. Dieser erinnert schon fast ein wenig an alte Zeiten, behält allerdings das textliche Niveau ganz oben. Die Single „Macht Es Nicht Selbst“ wird da schon zum Streitfall. Im Vorfeld von Fans ein wenig misstrauisch begutachtet, ist gerade der Song auf diesem Album jener, der am ehesten heraussticht. Im Positiven! Ein Lied, welches sich nach und nach hoch schaukelt und mit lieblichen Wiederholungen zum geheimen Highlight avanciert und im letzten Drittel mit einer dichten Gitarrenwand die Spannung hochhält. Unterm Strich ist „Schall und Wahn“ das, was man von TOCOTRONIC erwartet hat: Ein kunstvolles, anspruchsvolles und zu guter Letzt perfektes Rockalbum, welches dem Hörer eine Menge Konzentration abverlangt.


Tracklist:

1. EURE LIEBE TÖTET MICH
2. EIN LEISER HAUCH VON TERROR
3. DIE FOLTER ENDET NIE
4. DAS BLUT AN MEINEN HÄNDEN
5. MACHT ES NICHT SELBST
6. BITTE OSZILLIEREN SIE
7. SCHALL UND WAHN
8. IM ZWEIFEL FÜR DEN ZWEIFEL
9. KEINE MEISTERWERKE MEHR
10. STÜRMT DAS SCHLOSS
11. GESANG DES TYRANNEN
12. GIFT

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Raphael

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