Plattenkritik

Troubled Coast - Letters

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Release Date: 02.04.2011
Datum Review: 07.04.2011

Troubled Coast - Letters

 

 

Ist es eigentlich vermessen, wenn Menschen wie ich mit ihren gerade einmal 22 Jahren auf dem Buckel schon etwas von Nostalgie daher faseln? Wenn sie sich mit glühenden Augen an die Platten zurück erinnern, die ihnen damals, mit 14 oder 15 eine völlig neue Welt eröffnet haben und die jedenfalls gefühlt so klangen wie nichts mehr danach? Vielleicht. Ich mach’s jetzt trotzdem, denn bei TROUBLED COAST kommt man einfach nicht darum herum. Deren „Letters“ erinnert nämlich an eine Zeit, als Emocore (für die Puristen: gemeint ist natürlich der neumodische) noch nicht zu völligen Schimpfwort verkommen war und mit generischen Riffs und noch generischerem Gesang Marke Eierquetscherbuxe assoziiert wurde. Sondern mit ehrlicher, vielseitiger und bodenständiger Musik mit dem gewissen, ja dem emotionalen Etwas eben. Man höre nur mal „Failure On“ von BELOVED und wisse bescheid. Man kann sich kaum vorstellen, dass diese Platte nicht auch des öfteren während des Songwritings zu „Letters“ rotierte.

Was an TROUBLED COAST jedoch neben all den Referenzen, die man durchaus noch um Bands wie HOPESFALL zu „The Satellite Years“-Zeiten erweitern kann heraus sticht, das ist die absolute Ehrlichkeit, mit der diese fünf Jungs um die Ecke kommen. Nichts auf „Letters“ wirkt gekünstelt und dankenswerter weise verzichtet man zudem auf den christlichen Propanz der oben genannten Bands. Stattdessen hagelt es, Bandname und Cover verraten es bereits, Anspielungen an das Meer. Und wäre es nicht so verdammt abgedroschen, man könnte davon sprechen, dass sich dieses Album über seine 40 Minuten Spielzeit und auch innerhalb einzelner Songs sowohl durch Ebbe, als auch Flut arbeitet. Da wäre zum Beispiel „Night Drives“, das sich zunächst vollends auf ein einzelnes Gitarrenriff und das gesprochene Wort verlässt, um dann loszubrechen. Geschrei, Epik, dann wieder Ruhe und noch mal von vorne. Da TROUBLED COAST aber genau wissen, wann die Reißleine zu ziehen ist, folgt genau zum richtigen Zeitpunkt eines dieser epischen Riffs, an denen es auf „Letters“ wahrlich nicht mangelt und die direkt ins Herz gehen und dann stundenlang im Kopf hängen bleiben. Und dazu dann gleich noch Doppelgesang, den TAKING BACK SUNDAY in ihren besten Tagen (also, hach, damals zu „Tell All Your Friends“-Zeiten) auch nicht besser hingekriegt hätten.

Doch genau so wie im noch nicht all zu fernen Gestern sind TROUBLED COAST auch im Heute zu Hause. Immer wieder scheinen die Wurzeln als wütende, verzweifelte Hardcore-Band durch, die auf ihrer ersten EP noch zehn Songs in knackigen zwölf Minuten durchprügelte. Da gucken dann auch gerne mal HAVE HEART um die Ecke und hinterlassen ihre Spuren. Selbst für einen Akustikgitarrensong Marke DEFEATER ist im Gesamtkontext Platz. Doch man sollte bloß nicht den Fehler machen, „Letters“ als Kopistenplatte abzustempeln. Genau genommen kann man trotz aller genannten Referenzen nicht einmal von Zitaten sprechen, zu originär agieren die Musiker, zu leidenschaftlich ist der Vortrag. Es ist vielmehr der Geist all dieser ehemaligen und heutigen Größen, den dieses Album atmet. Aufblicken müssten TROUBLED COAST zu all diesen Bands ohnehin nicht. Stattdessen agiert man schon jetzt auf Augenhöhe. Zuweilen übertrumpft man sie gar. Machen wir es also einfach kurz: wer dieses Album nicht gehört hat, verpasst möglicherweise das Rockalbum des Jahres, mindestens aber eine sehr gute und ausgesprochen erfrischende Platte einer Band, von der wir hoffentlich noch viel hören werden.

P.S.: Die Band hat selbst dafür gesorgt, dass man „Letters“ ziemlich leicht in den Weiten des Internets findet. Ihr wisst bescheid.

Tracklist:

1. „Amends“
2. „Wolf Republic“
3. „Breathing“
4. „Night Drives“
5. „It’s Not Good For You“
6. “Drug Halo”
7. “Feigned Belief”
8. “XX/XY”
9. “Absent Father, Holy Ghost”
10. “Me And My Shadow”
11. “A Shallow Place”
12. “Love”

Autor

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Manuel F.

Autoren Bio

Eher so der Kumpeltyp.