Hinter der extra verstärkten und zusätzlich noch verregneten und nass angelaufenen Fensterscheibe kann man nur mühevoll die Konturen eines Gesichts erkennen. Anzugträger, männlich, nachdenklicher Blick. Anders gesagt: rein optisch wirkt die Debüt-EP wie neues Futter für die DEFEATER und TOUCHÉ AMORÉ Fraktion. Aber hinter dem Cover verbirgt sich eine faustdicke Überraschung und damit auch eine erfrischende, wenn auch nicht ganz taufrische, Brise.
Eigentlich greifen TURNING COLD zu tief in die Klischeekiste. Zu gewollt-melancholisch liest sich der Bandname, zu gewohnt klingt der Albumtitel, zu stereotypenhaft wirkt das Cover. Doch musikalisch überrascht das Hardcore-Gespann. Denn statt der zur Zeit überpräsenten rockigen Fassung des modernen Hardcores nachzueifern, versuchen sich TURNING COLD am Erbe einiger alter Helden. CHAMPION oder BETRAYAL geistern bei Songs wie "51 Percent" durch den Kopf, auch Namen wie MODERN LIFE IS WAR sind den Schweizern offensichtlich wohlbekannt. Zu den wichtigsten Merkmalen der Band dürften aber die Vocals gehören. In ihrer Phrasierung und Betonung sehr eigenwillig und dennoch wütend, erinnern sie oftmals wohlwollend an Jim Hesketh.
Doch ein paar moderne Nuancen fehlen auch auf "A Reclamation From Within" nicht. So dürften Liebhaber des modernen Hardcore definitiv Spaß an den sechs Songs dieses EP haben. Denn auch textlich sind die Schweizer nicht auf den Mund gefallen, und präsentieren genauso eingängige und direkte wie herrlich präzise formulierte Texte. In der Endabrechnung stellt "A Reclamation From Within" ein sehr vielversprechendes Debüt einer sehr vielverprechenden Band dar, die dem schweizer Hardcore wieder mehr Leben einhauchen kann. Für das Debüt-Album könnte etwas abwechslungsreicheres Songwriting nicht schaden, aber dennoch: Chapeau!
Tracklist:
1. 51 Percent
2. Cavemen
3. 1:51 AM
4. Broken Strings
5. Two Divisions
6. Consequences