Ironie ist eine feine Sache. Erst recht, wenn sie mit einer so dermaßen ernsten Angelegenheit wie Rockmusik einhergeht, in der dieser Begriff immer wieder fälschlicherweise dann in den Mund genommen wird, wenn Musiker krampfhaft versuchen, etwas völlig unernstes aus ihr zu machen und dabei über den Einsatz präpubertärer Lyrik oder aber pratentiösen Augenzwinkers mit „ist doch alles nicht so ernst gemeint“-Fingerzeig nicht hinauskommen. TWEAK BIRD sind da auf ihrem selbstbetitelten Debüt schon weiter. Sie verstehen Rockmusik als das was sie ist, nämlich in erster Linie ein Anachronismus, der versucht sich immer wieder neu zu erfinden und dabei mit schöner Regelmäßigkeit Schiffbruch erleidet. „Don’t look now, the future’s coming“ sind die ersten Wörter, die einem in den recht knappen, dafür aber auch nahezu ohne Ausfälle auskommenden 27 Minuten entgegengeworfen werden und angesichts des zunächst sehr nostalgieverliebten Sounds, der sie untermalt ist ein dezentes Schmunzeln nicht nur erlaubt, sondern von absoluter Notwendigkeit.
Die Zukunft also? Mitnichten! Obwohl: warum eigentlich nicht? Die Geschichte ist ja bekanntermaßen ein Loop und das Spiel mit alten Chiffren und neuen Einflüssen also vielleicht wirklich das, was Rockmusik gerade benötigt. Das Spiel, das das Duo da spielt ist also zunächst mal nicht neu, wenngleich schon außerordentlich schmissig und lässig heruntergespielt. Dicke Riffs, bluesige Untertöne, das kennt man alles. Eher ungewohnt in diesem Kontext dagegen sind androgyner Gesang und Saxofoneinsatz und ein erstaunliches Understatement, was zündende Refrains angeht. Aus „Sky Ride“ zum Beispiel hätten THE SUBWAYS wohl einen kurzlebigen Song für den Trailer einer beliebigen Actionkomödie und das darauf folgende Festivaljahr gemacht. Bei TWEAK BIRD dagegen wird Catchiness mittels angedeutetem Refrain eher im Vorbeigehen, denn mit dem Holzhammer und gerade dadurch eine starke Wirkung erreicht.
Dass das Duo seine Songs dabei angenehm kurz hält, anstatt die immer selben Riffs und Parts in gefühlter Endlosschleife abzuspielen ist ein weiterer Pluspunkt, auch wenn dem psychidelischen „Flying High“ ein oder zwei Extraminuten trotzdem nicht schlecht gestanden hätten und an anderen Stellen das eine oder andere Riff vielleicht ein oder zwei mal weniger hätte gespielt werden sollen. Dafür wird man im abschließenden „Distant Airways“ mit den coolsten Saxofonparts seit einiger Zeit wieder beschwichtigt.
Ein perfektes Rockalbum ist das TWEAK BIRD-Debüt zwar nicht, dafür aber in seiner unaufdringlichen Art eines der angenehmsten der letzten Zeit, das auch den Blick leicht über den Tellerrand nicht scheut und gleichzeitig seine Wurzeln klar benennt, um sie dann gelegentlich, wenn es denn angebracht ist, auszureißen und wieder neu einzupflanzen. Dabei wächst erstaunlich viel nach und man darf gespannt sein, was da noch kommen mag. Eine Band mit Zukunft? Hoffentlich. Aber das hat man ja bei DEATH FROM ABOVE 1979 auch gedacht.
Tracklist:
01. The Future
02. Lights In Lines
03. Round Trippin'
04. A Sun/Ahh Ahh
05. Beyond
06. Tunneling Through
07. Sky Ride
08. Hazement In The Basement
09. Flyin' High
10. Distant Airways