UNDEROATH sind einer dieser Bands, an die man sich später mal erinnern wird. Nicht nur dass sie einer der großen Wegbereiter der kontroversen Christen-Band-Welle beziehungsweise der Auseinandersetzung mit christlichen Bands in der Szene sind; kaum eine andere Band in der Szene hat sich über die Jahre derartig entwickelt wie UNDEROATH. Waren die Erstwerke beispielsweise noch stark vom schwedischen Death Metal und Hardcore geprägt, veröffentlichten sie mit „They’re Only Chasing Safety“ einen überraschend mainstream-affinen (dabei aber überraschend gelungenen) Abstecher gen modernen Emocore – nur, um dann mit „Define The Great Line“ und „Lost In The Sound Of Separation“ einen völlig eigenen Stil zu entwickeln, welcher am ehesten als Postcore bezeichnet werden kann. So kritisch man UNDEROATH aufgrund ihres freizügigen Umgangs mit Religion gegenüber steht (was ja schon für sich völlig albern ist, da die Band nicht mehr macht als das zu verkörpern, was sie wirklich ist), so sehr muss man ihnen auch dafür Respekt zollen dass sie stets Musiker waren, die nie stagnierten, sich immer weiter entwickelt haben.
Mit Studioalbum Nummer sieben scheinen sich UNDEROATH jedoch so langsam gefunden zu haben. Zwar mag „Ø“ zunächst etwas sperrig wirken, da die Songs einen nicht direkt anspringen und UNDEROATH ihre großen, einprägsamen Momente recht unauffällig (aber nach wie vor natürlich häufig) verteilen. Spätestens nach 3-4 Hördurchgängen wird aber klar: Dass sind wieder typisch UNDEROATH – also typisch die UNDEROATH, wie man sie seit den letzten zwei Alben kennt. Der Wechsel aus dissonanten, nach vorne gehenden Momenten und eher ruhigeren Klangsphären, Spencers typischer Gesang, diese Gitarren-Melodien, aber vor allem: die Art, wie das alles zusammengesetzt wurde, wie sich die Songs gestalten, was sie ausdrücken – das kennt man alles, und das funktioniert alles immer noch so gut wie auf den Vorgängern. Dass dabei Aaron Gillespie nicht mehr mit von der Partie ist fällt lediglich auf, wenn man sich dem bewusst ist, macht doch Spencer auch im Alleingang eine gute Figur und hat genug Charisma, um die Songs nicht plötzlich irgendwie „leer“ klingen zu lassen. Andererseits: Hört man sich direkt nach „Ø“ die vorigen Alben an, wird das dynamische Wechselspiel der beiden doch etwas vermisst. Ob der bereits im Vorfeld kritisch betrachtete Ausstieg Aarons also ein Problem ist? Jaein. In jedem Fall dürfte das Ganze die Band zumindest Live noch vor Probleme stellen wenn es darum geht, ältere Songs umzusetzen.
Ich sehe „Ø“ vor allem als eins: Ein Album, um es erst mal wieder etwas ruhiger anzugehen (nicht unbedingt im übertragenen Sinne: UNDEROATH haben immer noch genug Momente und Songs, in welchen stark nach vorne gepeitscht wird!), ein Album um zu schauen, ob es auch ohne Aaron noch funktioniert. Grundsätzlich gilt: Ja, es funktioniert. Gleichzeitig vermisse ich persönlich an „Ø“ aber vor allem etwas die Überraschungen, welche ich sonst von dieser Band gewöhnt bin. Ob nun sich selbst gefunden oder Stabilisierung: „Ø“ ist ein gewohnt ordentliches UNDEROATH-Album mit vielen guten, aber eigentlich keinen wirklich herausragenden Songs geworden, und auch ohne große Entwicklungen im Sound. Viele Fans werden das begrüßen – für mich haben UNDEROATH mit „Ø“ ein gutes, nicht aber ihr bestes Album gemacht.
Tracklist:
01. In Division
02. Catch Myself Catching Myself
03. Paper Lung
04. Illuminator
05. Driftwood
06. A Divine Eradication
07. Who Will Guard the Guardians
08. Reversal
09. Vacant Mouth
10. My Deteriorating Incline
11. In Completion