„Odalheim“ beginnt mit dem “Fimbulwinter”, der aus der nordischen Mythologie als „riesiger Winter“ bekannt sein dürfte, einer der vier eschatologischen Katastrophen im Rahmen von Ragnarök, dem Untergang der Welt. Das elfte UNLEASHED Album baut damit eine thematische Brücke zum zwei Jahre zurück liegenden ”As Yggdrasil Trembles” und demzufolge wurde das Artwork wiederum von Sebastian Ramstedt veredelt. Damals kommentierte ich die Rezension wie folgt:
„Zwar habe ich die Band immer für ihr Schaffen und ihre Geradlinigkeit respektiert und "Where No Life Dwells" hatte gute Momente (wobei ich "Victory" als beste UNLEASHED Scheibe einstufen würde), ABER ich habe mir die neue nur einmal geben können, dann habe ich sie mir nie wieder angehört. UNLEASHED sind einfach nicht meine Band, waren es noch nie und ich glaube, mehr als 5 Alls wären bei mir auch nicht herausgekommen.“
Aber was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, UNLEASHED haben mich eines Besseren belehrt und können mich vom Fleck weg wieder für sich begeistern (gemangelt hat es aber in den Jahren nie an Sympathie für das und Respekt vor dem Schaffen der Nordmänner, zumal diese den Death Metal noch hochhielten, als andere ihn bereits fallen ließen). Die subjektiv von mir immer wieder kritisierte Behäbigkeit der schwedischen Death Metal Urgesteine ist weggeblasen, auf dem „Fimbulwinter“ wird eine außerordentlich vehemente Axt geschwungen. Neben schierer Zügellosigkeit (immer wieder wird die Blastkeule herausgeholt und ob des rasanten Seegangs dürfte der ein oder andere Wikinger, der zu viel Met getrunken hat oder nur mit AA-Shirts unterwegs ist, seekrank werden) wird vor allem aus einem abwechslungsreichen Horn getrunken. So lässt sich als Beispiel "By Celtic And British Shores" anführen, das mit einer Akustikgitarre beginnt, bevor die Achterbeahnfahrt über die ruhige Gemütslage hereinbricht und sich bis zu einem Höllentrip steigert.
Aber auch die von mir im Kommentar oben angeführte Geradlinigkeit ist brüchig, denn unberechenbar, explosiv und ungemein frisch - an dieser Stelle auch ein Skål auf die lebendige Produktion - zockt das Quartett seine Hymnen, die wie seit über 2 Dekaden bandtypisch betitelt wurden, herunter. Und wie eh und je bekommt das Proviant durch die markante Stimme der Szeneikone Johnny Hedlund einen charakteristischen Stempel oben drauf, wobei das Goldhörnchen diesmal richtig schön fies über die Tracklist herfällt und diese regelrecht zerfleischt.
UNLEASHED haben zudem ein wenig ihre durchgehende Hymnenverankerung gelöst und schwingen nicht mehr das permanente Pathos-Schwert. Vor allem die Gitarrenmannen zeigen mit ihrer Fingerfertigkeit, dass sich Melodie, Riffgewalt und Frontalangriffe (haben die eigentlich schon immer so viele und so gute Soli gezockt?) mit einer aggressiven Schleife verbinden lassen, die das Paket durch alle Tempi hindurch zusammenhalten kann und die immer wieder mit Erhabenheit aufgepäppelt wurde. Insgesamt ist die Hitdichte bemerkenswert und erwähnt werden muss eine das Album durchfließende melancholisch dunkle Ader, die den Hörer mit zunehmender Spieldauer an die Wand drückt und mit Thrash- sowie Schwedenrock-Nägeln festnagelt.
Ich muss an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich zwar mit den Frühwerken der Schweden musikalisch „erzogen“ wurde, mich jedoch in den letzten Jahren etwas „ungezogen“ über sie geäußert habe. „Odalheim“ jedoch ist als Death Metal-Frischzellenkur ein Schlag in die Fresse all derjenigen, die UNLEASHED zum Auslaufmodell degradierten. Solche Schläge nehme ich gerne hin und halte ihnen sogar noch die andere Wange als Entschuldigung entgegen.
Tracklist:
01. Fimbulwinter
02. Odalheim
03. White Christ
04. The Hour Of Defeat
05. Gathering The Battalions
06. Vinland
07. Rise Of The Maya Warriors
08. By Celtic And British Shores
09. The Soil Of Our Fathers
10. Germania
11. The Great Battle Of Odalheim