Plattenkritik

VITA BERGEN - Retriever

Redaktions-Rating

Info

Release Date: 02.06.2017
Datum Review: 08.06.2017
Format: CD Vinyl

Tracklist

 

1. Nixon
2. Under The Sun
3. Brand New Day
4. Transmission
5. J
6. Light Hymn
7. Rectangles
8. Black Satellite

VITA BERGEN - Retriever

 

 

 

VITA BERGEN- schon wieder so eine schwedische Indieband, die einen unfassbar steilen Aufstieg hingelegt hat. Und womit?: Mit Recht! Wozu?: Weil´s geht! Die erste EP noch selbst produziert, das erste Album 2015 in Skandinavien erschienen, 2016 in Europa ging steil durch die Decke. Mit "Disconnection" haben sie die Latte ziemlich hoch gehängt. Wer diese Menschen jemals live erleben durfte kann mit absoluter Sicherheit sagen, dass hier wahnsinnig großartige Menschen am Werk sind. Wahre Talente. Auf allen Ebenen. Die aktuelle Platte "Retriever" wurde dann auch nicht mehr in der schwedischen Heimat produziert, sondern im gänzlich unschwedischen LA.

 

Und haben sie sich verraten? Nicht unbedingt. Aber verändert. Evtl. etwas abgehoben. Startete "Disconnection" noch düster, geht es auf "Retriever" direkt mit Indieplingplingpop los, bei dem es schwer fällt, die Füße still zu halten. "Nixon" verspricht zum Einstieg allerdings Dinge, die das Album nicht ganz halten kann. So taucht ein Hauch von Düsternis im Gesang auf, z.B. bei "Under The Sun" und "Light Hymn". Leise hört man noch ein paar 80´er Jahre Waveschwingungen heraus, die sich noch vornehm zurückhalten. Gehört ja auch irgendwie dazu. Synthiearrangements gesetzt, aber nicht zu aufdringlich. Doch die Ohren des Hörenden werden hier nur sanft aufgewärmt, auf das, was danoch kommt.

 

Grundsätzlich gibt es auf "Retriever" mehr elektronische Einflüsse zu hören als auf dem Vorgänger "Disconnection". Evtl. nennt man das Modernisierung. Die Platte driftet mit "Transmission" und "J" ein wenig in ruhigere Gefilde, ohne jedoch das Ohrenmerk auf streckenweise etwas ausufernde Arrangements zu verlieren. Hymnisch passend mit Chor geht "Brand New Day" in die Ohren und verleitet dazu, sowas direkt morgens nach dem Aufstehen hören zu wollen. Das wäre ein gut gestarteter Tag. "Rectangles" erinnert dann aber doch noch daran, dass VITA BERGEN das mit den "richtigen" Musikinstrumenten noch beherrschen. Da ist der handgemachte Indiepop, der fast ohne Synthie auskommt, wieder. Und das zum Einstieg ziemlich rotzig, was einen in leichte Verwirrung stürzt. Wiederrum brachial beenden VITA BERGEN ihr Album mit "Black Satellite". Die Stille danach, schmerzt ein wenig in den Ohren.

 

 

Was bleibt, ist das Gefühl, dass VITA BERGEN sich auf "Retriever" nicht so richtig entscheiden konnten, in welche Richtung das jetzt eigentlich gehen soll. Ein durchgängiges Konzept lässt die Platte missen. Streckenweise sind die Wechsel ein wenig zu ruppig geraten. Ein Durchgängiges Wiedererkennungsmerkmal lässt sich nur schwer ausmachen. "Nixon" und "Brand New Day" sind sicherlich absolute Perlen. "J" und "Rectangles" kann man mit ein bisschen gutem Willen evtl. auch noch mit einbeziehen, aber ob das für ein richtiges Hitalbum reicht, sei mal so dahingestellt. Die Latte hing aber auch verdammt hoch.

 

 

 

Wer TEAM ME vermisst, das letzte RAH RAH Album schon zu lange her ist und FRISKA VILJOR oder die SHOUT OUT LOUDS zu alt sind, kann mit VITA BERGEN sicherlich eine bisschen glückliche Zeit verbringen und durch den Sommer fahren. VITA BERGEN sind ja noch so jung, vielleicht müssen sie sich einfach noch ein bisschen selbst suchen und finden gehen. Vielleicht den Boden unter den Füßen. Soll ja in schwedischen Wäldern ganz toll funktionieren. Auf dem Zettel sollte man sie defintiv behalten.

 

Autor

Bild Autor

Jule

Autoren Bio

wäre gern teil einer postfeministischen emopunkband/ verbalprimatin/ kuchenveganerin/ ich kann mir keine songtitel merken, selbst die meiner lieblingssongs vergesse ich.../ ich bin nicht betrunken, ich bin immer so/ fraujule.blogspot.de