Mein lieber Herr Gesangsverein, da hat mir der Clement ja ein Ei in die Hose gelegt. Da kriegt man spontan ein kleines Paket zugeschickt in dem sich ein ganz in schwarz gehaltenes Digipack befindet. Schöne matt-schwarze Pappe auf der nur ein sauberer Schriftzug prangt: "Seven Idiots". Ich wäge mich schon im siebten Doom/Sludge/Drone/Black Metal Himmel als ich die CD endlich einlege. Und wiedereinmal falle ich aus allen Wolken.
Bei WORLD's END GIRLFRIEND handelt es sich nämlich nicht um den neuen Stern am Denovali-Fanboy-Himmel, sondern um den japanischen Komponisten Katsuhiko Maeda. Bekannt als Soundtrack-Komponist, zwängt er hier all sein Multi-Instrumentalisten-Können auf ein einzelnes Album und sorgt bei mir dadurch für totalen Sinnes-Overload. Die Presse-Info trifft es ganz gut: "Glitch, Jazz Rock, IDM Drones, Freak Out, Prog Rock, Rock Rock, Moderne Klassik sind nichts als hilflose Begriffe im Versuch das Unkategorisierbare zu kategorisieren."
So siehts aus. Ich bin hilflos und das hier im epischen Ausmaß unkategorisierbar. Nehmen wir nur mal den zweiten Song "Les enfants du paradis". 7 Minuten ist er lang und wechselt dabei durch alle möglichen Phasen. vom Intro-Gitarrenriff, über Sanfte-Keyboard-Melodien und mitsingbare Streicher (WTF?), über Breakbeat mit Gitarrensolo zu reinem Breakbeat mit Stakkato-Riffs, hin zu sanften Piano-Klängen und einem ATARI TEENAGE RIOT-Finale. Das hier ist Kunst. Musik für's Gehirn und nicht für's Herz oder die Ohren. Ein Album für Leute die gerne mitdenken, mathematische Gleichungen lösen und die festgefahrenen Stukturen von Vers-Chorus-Bridge zerbersten sehen wollen.
Als "Anspieltipp" für unetschlossene sollte das gleichzeitig hektisch und ruhige "Der Spiegel im Spiegel im Spiegel" gelten. Als "Hit" der Platte wird von vielen der Opus "The Offering Inferno" gehalten, welches bei 8:30 Spielzeit ausschließlich aus rückwärts gesampleten Schreien, Breakbeats und Chaos besteht. Das "Inferno" im Titel trifft es ganz gut: So muss es klingen wenn Dante in den Hades hinabsteigt. Kurz bevor man denkt das einem entgültig der Schädel explodiert, wird mit "unfinished finale shed" ein 7:47 langes, hypnotisch ruhiges Piano-Outro angehangen. Absoluter Irrsinn.
Ich persönlich finde diese unheimlich verkopfte Art von Musik zwar interessant, könnte mir das Album aber mit Sicherheit nicht dauerhaft geben. Bei einer durchschnittlichen Tracklänge von 6 Minuten ist das allerdings auch kein Wunder. Man findet zwar immer wieder unentdeckte Parts und hat Spass daran das Mysterium zu entschlüsseln, es ist aber auch einfach verdammt anstrengend. Anstrengendes Hören. Und ich bin eher der Typ, der sich ein Album schön auf der Couch bei einem Gläschen Wein gibt. Bei "Seven Idiots" würde ich das Glas wohl eher gegen die Wand pfeffern und dann nackt auf dem Couchtisch tanzen und mich mit heißen Nudeln behängen.
Alle die in ihrem Sub-Genre gerne Post, Experimental oder Progressive stehen haben, sollten mit WORLD's END GIRLFRIEND mal ihren Verstand riskieren. Dem Durchschnitts-Hörer wird allerdings absolut der Zugang zu diesem epischen Werk an Instrumental-Musik fehlen.
Tracklist:
01. The Divine Comedy Reverse
02. Les Enfants du Paradis
03. TEEN AGE ZIGGY
04. DECALOGUE minus 8
05. ULYSSES GAZER
06. Helter Skelter Cha-Cha-Cha
07. GALAXY KID 666
08. Bohemian Purgatory Part.1
09. Bohemian Purgatory Part.2
10. Bohemian Purgatory Part.3
11. Der Spiegel im Spiegel im Spiegel
12. The Offering Inferno
13. unfinished finale shed