Sommer in Deutschland und ausnahmsweise braucht es mal keinen Kalender, um sich der Jahreszeit bewusst zu machen. Sommer. So richtig mit Eisessen und Freibadbesuch. Welchem Poppunk das zu spießig scheint, der kann noch ein paar Stunden warten. Dann ist ganz sicher wieder Winter. Bottoms up tonight.
Ein Blick aus dem Fenster reicht aus: Menschen mit kurzen Ärmeln. Menschen mit Sonnenbrillen. Lächelnde Menschen. Menschen, die sich im Freien aufhalten. Alles potentielle Zielobjekte von „Southern Air“. Von jener konnte Ryan Key in letzter Zeit reichlich in seinen Lungen speichern und in sich gehen, um ein weiteres Mal die Vertonung der warmen Jahreszeit anzugehen. „Awakening“ ist gekommen um anzustoßen – auf das Leben und auf die Zeiten, die waren, sind und kommen. Die überspringende Melancholie, die Key über die Jahre in seinen Songs etabliert, spült sich seit „Ocean Avenue“ runter wie von selbst. Die Violine, mit der Sean Mackin seine Rolle in YELLOWCARD unterstreicht, mag man entweder oder nicht. „Always Summer“ und „Surface Of The Sun“ bringt Frontmann Key von seinem Südstaatentrip mit. Wirklich brisante Neuigkeiten nicht. Das erfrischt, aber überzeugt höchstens einen YELLOWCARD-internen Praktikanten. Die Single „Here I Am Alive“ schwebt synthetisch gerade über den restlichen neun Tracks von „Southern Air“ - Seichtigkeit und zusätzlich gestopfter Sound sollen offensichtlich unverblümt beim Formatradio anklopfen. Ob dort bei dieser Hitze jemand öffnet?
Key, Mackin sowie Schlagzeuger Longineu Parsons, Ryan Mendez (Gitarre) and Bassmann Josh Portman konzentrieren sich derweil auf die eigene Prioritätenliste: „Sleep In The Snow“ ist ein Aushängeschild, „Rivertown Blues“ streicht die Surfcore-Oper von der To-Do-Liste. Das achte YELLOWCARD-Album ist überschaubar gestrickt: Es braucht den lebendigen Opener, versorgt sich selbst mit zierlichem Feuerzeug-Gestammel („Ten“) und drückt den Band-Stempel zum Abschluss wie ein Siegel fest – hier in Form vom Titelstück clever platziert.
Damit ist „Southern Air“ ein passendes, würdevoll ausgearbeitetes Puzzleteil: Albumtitel und –inhalt sind wie die überfällige Eistüte, an der man kurz zu knabbern hat, was nicht von alleine im Mund zerschmelzen will. YELLOWCARD wollten den Sommer ja auch bloß vertonen, nicht retten.
Trackliste:
01. Awakening
02. Surface Of The Sun
03. Always Summer
04. Here I Am Alive
05. Sleep In The Snow
06. A Vicious Kind
07. Telescope
08. Rivertown Blues
09. Ten
10. Southern Air