MOBINA GALORE aus Kanada spielen an diesem Abend inbrünstigen Punkrock auf die 12. Eine starke Performance und voller Sound - obwohl kein Bass im Spiel - und beherzter zweistimmiger Gesang in den Refrains. Das Ende des knapp halbstündigen Sets wird mit einer Danksagung an AGAINST ME! und MILK TEETH eingeleitet. Es folgt eine volle Ladung parolenlastiger Zwei-Akkord-Punk mit kräftigen Whoaaa-Refrains.
Mittlerweile ist das SO36 voll und die zweite Band des Abends stimmt mit einem rotzigen "Hello Berlin, we're Milk Teeth!" eine Coverversion von JOAN JETTS "Bad Reputation" an. "An" ist das Stichwort, denn der Song nimmt nach wenigen Takten eine Wendung und wird in eine satte Gitarrenwand gehüllt, welche bis zum Ende des Auftritts von MILK TEETH aufrecht erhalten bleiben wird. Die solide Stimme der Sängerin wird zwischenzeitlich von links mit dem dröhnenden Schreigesang des Gitarristen ergänzt. Der Drummer ist in Höchstform, vielleicht etwas sauer, denn er prügelt was das Zeug hält auf seine Kessel ein. Jetzt wirft die Band alles was sie hat auf den Grill. Gegen Ende wird es jedoch etwas balladiger. Zum Schluss wird ein epischer Part mit schweren Becken und eingängiger Gitarrenwand abrupt beendet. Das war's, ohne Schnick Schnack. Der Drummer ist bereits mit einem Becken in Richtung Backstage unterwegs. Danke MILK TEETH, sehr erfrischend!
Der Kreuzberger Laden ist nun nicht nur voll, sondern platzt aus allen Nähten. Zumindest wirkt es für mich und meine 1,75 m im Mittelfeld des Raums so. AGAINST ME! sind sofort an, "True Trans Soul Rebel" geht nach vorne und die Menge feiert. Das nehme ich jetzt einmal an, den ich sehe nur wenig. Zwei oder drei Songs kann ich deshalb nicht wirklich genießen, bis "White Crosses" ertönt: ein Ruck - "wo sind die großen Menschen vor mir plötzlich hin?" Egal, ich sehe die mit einer riesigen leuchtenden Lippe hinterlegte Bühne vor mir und meine Vermutung wird übertrumpft. Die Band peitscht gekonnt und enthusiastisch ihr Set voran und das Berliner Publikum steigert sich bei jedem Refrain. Ich kann nur bestätigen, was im Allschools Interview besprochen wurde: Die Tour scheint der Band sehr gut zu gefallen.
Nun ist es Zeit für das neue Album "Shape Shift With Me". Es ertönen "Crash", "333" und "Boyfriend" - aber korrigiert mich, wenn ich falsch liege. Der Sound ist ausgezeichnet und die Band sichtlich gut eingespielt, sodass am letzten Tourtag die Sau rausgelassen wird. Weiter geht es mit Ausschnitten des "White Crosses"-Albums und dem Knaller "Miami", welcher vor Einsatz der ersten Strophe mit einer stilistischen Pause versüßt wird. Ebenso "White People For Peace", der durch Akapella-Gesang und Publikumsbeteiligung energetisch zum Ende geführt wird und ohne langes fackeln von "Transgender Dysphoria Blues" gefolgt wird. Nun ist kurz Ruhe, Frontfrau Laura Jane Grace ergreift das Mikrofon und richtet Dankesworte an das "SO36", die Vorbands und das Publikum. Enthusiastischer Applaus ertönt. Doch was bedeuten Danksagungen in der Regel? Richtig, Konzertabschlüsse. Mit passendem Pathos folgen die Hits "Teenage Anarchist" und das nostalgische "Black Me Out". Danke und Tschüss.
Aber nicht ohne Zugabe! Bassist Inge Johansson brüllt: "Dies ist ein sehr alter Song!" und ab geht es mit einem beschleunigten "Train In Vain" der werten THE CLASH. Die Masse tanzt und feiert den direkten Übergang zu "Fuckmylife666". Nun setzt Drummer "Atom Willard" zum Offbeat an und das kann nur zwei Dinge bedeuten: "Stop!" oder eben "Don't Loose Touch". Zweiteres ist der Fall und den singen wir natürlich gerne mit. Abgeschlossen wird mit "Sink, Florida, Sink", welches ich leider nicht kannte, aber in meinem direkten Umfeld für beherzten Mitgesang sorgt. 70 Minuten sind nun um, der Raum ist still, das Licht für einige Sekunden gedimmt, die Band von der Bühne. Kommt da noch etwas? Dosenmusik erläutet: "Nö." Also Feierabend nach einem runden und energetischen Konzert, bei dem sich die Stimmung sukzessive gesteigert hat, obwohl sie am Anfang bereits auf Anschlag war: ein ausverkauftes SO36 eben.