Programmatisch: Die Briten EARTH MOVES lassen ihren Post-Metal durch allerlei anderer Post-Genres walzen und vermengen alles, was hängen bleibt, zu epischen Gewitterstürmen.
Programmatisch deshalb, weil „Intricacy“ für Komplexität steht und das eben sehr gut die Musik der Band beschreibt, die sich aus Mitgliedern von WE NEVER LEARNT TO LIVE, GRAPPLER und CLOUD BOAT rekrutieren. Auf der anderen Seite setzen EARTH MOVES auch verstärkt auf hypnotische Monotonie, wenn es so etwas gibt: Das eröffnende „Falling Away From The Ground“ mäandert mit seinem bleischweren Riff, das nur aus einem einzelnem Akkord besteht, knapp zwei Minuten mit der Geschwindigkeit eines Bulldozers vor sich hin, ehe das Schlagzeug am Ende immer ausuferndere Muster spielt. „Into The Ether“ macht im gleichen Tempo weiter, lässt den Gitarren aber neben dem weiterhin tonnenschweren Geriffe auch mal Luft, um melodisch durch den Äther zu schweben. Ruhige, beinahe jazzige Interludes leiten in Doublebassgewitter über und Jordan Hills wechselt mit einer beindruckenden Bandbreite zwischen markerschütterten Schreien und tiefem Cleangesang. Mit „Other Voices, Other Rooms“ reizen die Briten ihren Sound in Sachen Tempo und Spielzeit aus, denn mit nur etwas über drei Minuten und durchgängig schnellen Drums geht der Song beinahe schon als knackiger Hardcorehit durch (aber wirklich nur beinahe). Zieht man dann noch die zwei kurzen, atmosphärischen Interludes „Prayer Sign“ und „Rot“ ab, bleiben noch vier Songs für gute 28 Minuten, wovon auch nur die ISIS-Verbeugung „Genic“ in unter sieben Minuten ins Ziel läuft. EARTH MOVES neigen also tatsächlich zur Epik, wie auch das famose „Catatonic“ beweist: Beginnend in Doom-Metal-Tempo und mit entrücktem Klargesang, schaltet der Song auf Doublebassgewitter um und löst sich anschließend in einen melancholisch-melodiösen Part auf, macht das Ganze nochmal und krönt sich dann mit seiner repetitiven Schlusszeile „I envision / something biblical / catatonic / you’re invincible“ zum Höhepunkt des Albums. Hier lassen sich dann auch durchaus Parallelen zu ihren verblichenen Landsleuten von LIGHT BEARER ausmachen, mit denen sie sich sowieso die ungefähre Grundausrichtung teilen. Die Band selbst nennt als Einflüsse noch DEFTONES, AMENRA, SLOWDIVE und WOLVES IN THE THRONE ROOM. An letztgenannte erinnern dabei vornehmlich vereinzelt eingesetzte Blastbeatattacken, wie sie sich auch im abschließenden „Embody“ finden lassen. Der Song besticht daneben aber auch mit ungewöhnlich warmem Einstieg, wird dann langsam immer lauter, bis irgendwann die bekannt schweren Riffs den Song aus der Luft zurück Richtung Abgrund ziehen. Dort wartet schon der infernalisch schreiende Jordan Hills, der das Album zusammen mit den erhabenen, doppelläufigen Gitarren in die unendliche Schwärze entlässt.
Mit „Human Intricacy“ ist EARTH MOVES ein unheimlich starkes und abwechslungsreiches Zweitwerk geglückt, das auch noch einiges an Wachstumspotential bietet, dafür aber eben auch erarbeitet werden will. Freunde des Post-Metal sind das natürlich schon gewohnt, aber auch für alle Genrefremde bietet das Album genügend Anknüpfungspunkte.