Plattenkritik

Ken - Yes We Ken

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Release Date: 26.02.2010
Datum Review: 13.03.2010

Ken - Yes We Ken

 

 

Was ist bloß aus KEN geworden? Denen, die sich mit dem neuen KEN-Album nach den Abgang von Aydo Abay bei BLACKMAIL quasi ein „BLACKMAIL 2“ gewünscht, oder diejenigen, die einem weiteren, so straight rockigen Album wie „Have A Nice Day“ entgegnen geblickt haben, wird mit „Yes We Ken“ ein ziemlicher Schlag ins Gesicht verpasst. „Yes We Ken“ ist sperrig, elektronisch, vielschichtig und überladen – und so ziemlich ein Gegenteil von dem, als was diese Band gestartet hat. Oder dem, mit was man Aydos Stimme so generell in Verbindung setzt.

Das alles muss aber nicht schlecht sein - auch wenn man mitunter nicht so recht weiß, was man mit der abgedroschenen Obama-Referenz im Titel nun eigentlich anfangen soll. Da wäre zum Beispiel diese so hyperaktive, schier überladene Single „Get A Life“, welche die eigentlichen Gitarrenwände stark elektronisch färbt, und im späteren Verlauf sogar waschechte Dubstep-Referenzen mit einbringt. Das klingt zunächst befremdlich, ergibt aber auf Albenlänge eine sehr eigene Faszination. „Quitting Smoking Is Much Easier Than Quitting Talking“ kommt da beispielsweise als beinahe psychedelischer, irgendwie hypnotisierender Klangteppich daher, während „Y.K.I.W.G.T.T.END.O.T.W.W.Y.“ durch monotone Rhythmen einlullt und „Wake City“ fast schon was folkiges hat. Nummern wie „I’ll Sleep When You’re Dead“ oder „21 - 21 = 21“ beweisen dann zwar, dass es auch poppiger, nicht aber weniger experimentell geht.

Eine Klanggewalt und Stimmungsvielfalt, die zunächst verdaut werden muss. Vielleicht wird sie auch nie verdaut, vielleicht wird „Yes We Ken“ auch einfach abgestoßen; „Yes We Ken“ ist ein absolutes „Hate it or love it“-Album, welches ohne Rücksicht auf Verluste seinen Neigungen folgt, und dabei in einigen Ohren mitunter heterogen, überladen oder schlichtweg unhörbar klingen wird. Wer sich aber darauf einlässt, findet mit „Yes We Ken“ eine ganz eigene Form des musikalischen Erlebens, welche sich keine Grenzen setzt und in seiner Gesamtheit eine sehr spezielle Magie versprüht. „Y.K.I.W.G.T.T.END.O.T.W.W.Y.“ wirkt da beispielsweise wie die endlos lange, nächtliche Autobahnfahrt, mit den immerselben Lichtern in immerselber, millimetergenauer Abfolge. „Polecats“ dann: „All you ever wanted is written in the stars“ – wie einfach doch Glück funktioniert! Und wie unklebrig sowas klingen kann, wenn ein gewisser Herr Abay sich an sowas traut. Der hat übrigens mit „Yes We Ken“ eindrucksvoll bewiesen, dass es auch nach einem so glorreichen letzten BLACKMAIL-Album mit ihm noch ganz oben weitergehen kann. Nur: Mann Mann Mann, was muss der da alles die letzten 10 Jahre angestaut haben?!

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Olivier H.

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"They said, Do you believe in life after death? I said I believe in life after birth" - Cursed