Du magst Hardcore und hast noch nie etwas von NO TURNING BACK gehört? Dann hast du irgendetwas falsch gemacht. Denn um die 5 Herren aus dem holländischen Brabant kann man nun wirklich keinen Bogen machen, wenn man sich länger als ein paar Wochen mit der Szene beschäftigt.
Warum das so ist? Ganz einfach. NO TURNING BACK sind die europäische Definition des Hardcore. Es gibt Tonnen von Bands in diesem Genre. Es gibt unzählbare, die auch außerhalb ihres eigenen Landes spielen und bekannt sind. Es gibt viele, die sich buchstäblich den Arsch abtouren. Es gibt einige, die es dabei sogar auf andere Kontinente schaffen. Es gibt wenige, die länger als 10 Jahre aktiv bleiben. Und es gibt vielleicht nicht einmal eine Hand voll europäischer Hardcore-Bands, die man mit No Turning Back vergleichen kann. Unglaubliche 14 Jahre ist die Band dabei, also fast anderthalb Dekaden und ungefähr 4 Mal so lang wie eine durchschnittliche Hardcore-Kapelle. Sie waren die erste europäische Hardcore-Band, die China betourt hat. Und trotzdem keine Spur von Arroganz oder Rockstar-Gehabe, im Gegenteil: Man genießt ein sehr hohes Ansehen, weil man einen Großteil des Bookings sogar noch selbst macht, auch kleine Shows nicht scheut, selbst eine Booking-Agentur betreibt und kleinere Bands immer wieder unterstützt und damit den jüngeren Herrschaften einfach aufzeigt, was DIY bedeutet. Im Februar 2011 bringen No Turning Back nach fast 3 Jahren Sendepause endlich ihr sechstes Studioalbum „Take Control“ heraus und headlinen mit dieser Scheibe im Gepäck im März die Reflections Records Tour (mit dabei: Ritual, Deal With It, New Morality und Midnight Souls).
Take Control. Der Name ist Programm. In vielerlei Hinsicht. Zunächst mal beweisen No Turning Back mit ihrem neusten Output ganz klar ihre Stellung im internationalen Hardcore und sind auch 2011 interessanter als viele überfeierte Bands aus den Staaten. Die Scheibe wird ihnen noch mehr Aufmerksamkeit einbringen als sie diese ohnehin schon bekommen. Ein Weg, den Titel dieser Platte zu interpretieren.
Der zweite ergibt sich, wenn man sich ein bisschen mit den Lyrics beschäftigt. Die zielen nämlich ganz klar darauf ab, dem Hörer zu vermitteln, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und von nichts auch nichts kommt. Wie gewohnt gibt es nicht wirklich Messages zwischen den Zeilen (damit für manche Hörer vielleicht auch keine wirkliche Tiefe), denn alles wird klipp und klar ausgesprochen: Neben der DIY-Ethik auf Bandebene, die No Turning Back leben wie keine zweite Band, vertreten die Musiker ganz offensichtlich auch die Meinung, dass man auch in seinem Privatleben Dinge selbst angehen und in die Hand nehmen sollte, anstatt nur als Zuschauer daneben zu stehen. Und Menschen, die unter anderem einen Van-Verleih für andere Bands, eine Booking-Agentur und sogar einen Workshop für selbstgebaute Drum-Kits hochziehen, nimmt man trotz teilweise plakativ anmutenden Zeilen natürlich gleich eine Nummer ernster.
Musikalisch gesehen gibt es bei „Take Control“ keine große Überraschung. Es gilt: Wem No Turning Back bisjetzt gut gefallen haben, der wird sie weiterhin gern hören und wer vorher schon nichts mit dem Sound anfangen konnte, braucht gar nicht erst in die neue Platte reinhören. Schneller, punkiger und rotziger Hardcore mit wütenden Vocals und vielen Gang-Shouts, alles sehr tanz- und mitsingbar. Eingängig. Und vor allem auch etwas für die älteren Kaliber, schnörkellos, ohne den ganzen modernen Schnick-Schnack. Die Band hat über all die Jahre ihren ganz eigenen Sound gefunden und sich damit den erheblichen Vorteil verschafft, dass man ihr nicht vorwerfen kann, sie würde kopieren. Ein weiteres Indiz, das für die Professionalität der Holländer spricht, ist: Man kann sich „Take Control“ immer wieder durchhören, ohne dass man irgendwo stockt. Alles passt gut zueinander und wirkt wie aus einem Guss. Obwohl der Songwriting-Stil gewohnt konsequent und schlicht gehalten ist, ergeben sich vor allem durch die zusätzliche Gitarre (hinter der mit Harm ein ehemaliger MLIW-Gitarrist steht) ein paar erfrischende Passagen, in denen die Spuren voneinander abweichen (so zum Beispiel in „Remain“ oder „Always Will Be“). Ebenfalls überraschend, allerdings eher im negativen Sinne ist: Keine Gastauftritte am Mikrofon! In den beiden Vorgänger-Alben gab es die ja zu genüge. Nichtsdestotrotz wird man auch die neuen Songs live mitsingen und abfeiern, es gibt auch auf „Take Control“ Refrains, die einfach für Sing-A-Longs gemacht sind. Hervorzuheben sind hier meiner Meinung nach „Justice“ und „Always Will Be“. Die Jungs von No Turning Back haben also zusammen mit Produzent Dirk Miers (De Studio) mal wieder ein Exempel statuiert. Take Control.
Tracklist:
1. In Your Maze
2. Forget Today
3. Remain
4. Not What You See
5. Take the World
6. Never Let Go
7. Justice
8. Not Anymore
9. Never Gave Up
10. Bleed for Me
11. Strife
12. Too Blind
13. Always Will Be